Gewalttat im US-amerikanischen Buffalo: 18-Jähriger tötet zehn Menschen

Der Mann wählte einen Supermarkt als Tatort, ingesamt gab es 13 Opfer. Die Bundespolizei FBI geht von einem rassistisch motivierten Angriff aus.

Ein Bild und mehrere Kerzen stehen auf dem Boden.

Stille Trauer in Buffalo nach dem offenbar rassistischen Angriff am Samstag Foto: ap

NEW YORK taz | Im US-amerikanischen Buffalo im Bundesstaat New York hat ein 18-Jähriger am Samstag in einem Supermarkt zehn Menschen erschossen und drei weitere verletzt. Elf der Opfer waren Schwarze Menschen, und das war kein Zufall. In einem „Manifest“, das der Täter Payton G. parallel zur Tat im Internet veröffentlichte, begründet er sein Attentat mit dem Kampf gegen die „Umvolkung“, die den Untergang der „Weißen Rasse“ zum Ziel habe.

Damit bezieht sich Payton G. direkt auf die Formulierung des französischen rechtsvölkischen Intellektuellen Renaud Camus. Dessen 2011 zunächst in Frankreich erschienenes Buch „Der große Austausch“ hat weltweit politische Parteien aus dem rechtsextremen und rechtspopulistischen Spektrum beflügelt. Aber auch verschiedene Attentäter, am bekanntesten derjenige, der 2019 im neuseeländischen Christchurch in zwei Moscheen 51 Muslime ermordete, bezogen sich direkt auf den „großen Austausch“. In Deutschland ist das Buch im Antaios Verlag des rechten Vordenkers Götz Kubitscheck erschienen und gehört zum ideologischen Standartrepertoire der „Identitären Bewegung“.

In den USA ist die These längst nicht mehr nur kleinen rechtsextremen Gruppierungen vorbehalten: Fox-Kommentator Tucker Carlson etwa warnt in seiner Show regelmäßig vor dem Untergang des Weißen Amerikas durch den „geplanten“ Zustrom nichtweißer Mi­gran­t*in­nen, organisiert von geheimen Eliten. Als er sich einmal direkt auf den „Großen Austausch“ bezog, forderte die Anti Defamation League seinen Rausschmiss – aber natürlich hielt Fox an seinem rechten Zugpferd fest.

Detailliert schildert Payton G. auch seine Planung des Angriffs, wie er sich die Waffe besorgt und umgebaut hat, wie er den Ort ausgekundschaftet und erfasst hat, zu welchem Zeitpunkt in dem Supermarkt in der vorwiegend Schwarzen Wohngegend von Buffalo am meisten Kun­d*in­nen zu erwarten wären und wie er sein Attentat, ebenfalls seinem großen Vorbild, dem Christchurch-Attentäter folgend, die Bluttat live auf Twitch streamen würde. Er sei definitiv Rassist, schreibt er, und er halte den Faschismus für die Gesellschaftsform, die seinen Vorstellungen am nächsten käme.

Rassistisch motiviertes Hassverbrechen

„Dies ist ein Tag großen Schmerzes für unsere Gemeinde. Wir können nicht zulassen, dass diese hasserfüllte Person uns oder unser Land spaltet“, sagte Buffalos Bürgermeister Bryon Brown am Samstag vor Reportern. John Garcia, der Sheriff des Bezirks Erie, in dem Buffalo liegt, sagte: „Das war das reine Böse.“ Er nannte die Tat ein „klar rassistisch motiviertes Hassverbrechen“. Auch US-Präsident Joe Biden zeigte sich schockiert. „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um den durch Hass geschürten Inlandsterrorismus zu beenden“, erklärte Biden am Sonntagmorgen. Man müsse nun noch mehr über das Motiv erfahren, aber ein „rassistisch motiviertes Hassverbrechen“ sei abscheulich für das Land.

Das Motiv kann auch Biden eigentlich recht genau nachlesen: In einer Art Interview mit sich selbst schreibt G., er habe vor, unter Nichtweißen (er nennt sie replacers, Auschtauscher) Angst und Schrecken zu verbreiten. Sie sollten das Gefühl bekommen, niemals sicher zu sein und das Land verlassen oder gar nicht erst kommen. Im Übrigen wolle er – auch gewaltsame – Gegenreaktionen provozieren und so ein revolutionäres Klima erzeugen.

Der tatsächliche Ablauf der Tat weicht nur wenig von dem Plan ab, den G. vorab beschreibt. Er sei mehrere Stunden aus einem anderen Ort nach Buffalo gefahren, erklärte Buffalos Polizeipräsident Joseph Gramaglia zum Tathergang. Dort sei er auf den Parkplatz eines Supermarkts der regionalen Kette Tops Markets gefahren und schwer bewaffnet, mit Schutzausrüstung nebst Helm sowie einer Kamera ausgestiegen. Mit der Kamera livestreamte er in der Folge seine Tat im Internet. Nach Angaben Gramaglias schoss er noch auf dem Parkplatz auf vier Menschen.

Er ging dann in den Supermarkt, wo es zu einem Schusswechsel mit einem Sicherheitsmitarbeiter kam, einem Polizisten im Ruhestand, den G. tötete. Er habe seinen Weg weiter durch den Laden gemacht, bis ihn Polizeibeamte in einem Vorraum des Supermarkts stellten. Dort habe er sich seine Waffe an den Hals gehalten, sagte Gramaglia. Die Polizei habe ihn aber überreden können, aufzugeben.

Inzwischen wurde er des Mordes angeklagt und plädiert auf nicht schuldig. In diesem Punkt hat G. offenbar den ursprünglichen Plan geändert: In seinem Text hatte er seinen Willen beschrieben, die Tat zu überleben, sich nach seiner Verhaftung schuldig zu bekennen und im Gefängnis darauf zu warten, dass er nach dem Umsturz als Held befreit wird.

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