Wahl auf den Philippinen: Deformierte Elitedemokratie

Das philippinische Wahlergebnis ist ein „Weiter so“. Marcos Jr. wird weder die Verbrechen seines Vaters aufklären noch der Korruption ein Ende machen.

Ferdinand Marcos Jr. bei einer Wahlveranstaltung auf den Philippinen

Diktatorensohn Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr. entscheidet die Wahl auf den Philippinen für sich Foto: Aaron Favila/ap

In den Philippinen liegt bei den Präsidentschaftswahlen laut informeller Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen – offizielle Ergebnisse gibt es erst Ende Mai – der Diktatorensohn Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr. uneinholbar vorn. Er hat mehr als doppelt so viele Stimmen wie die zweitplatzierte Liberale Leni Robredo. Alle anderen sind abgeschlagen, eine Stichwahl gibt es nicht.

Bei der Vizepräsidentschaft führt uneinholbar Sara Duterte-Carpio, Tochter des scheidenden vulgärpopulistischen Präsidenten Rodrigo Duterte. Sie ist mit Marcos verbündet. Damit dürften schlimmste Befürchtungen wahr werden. Die Demokratie ist ebenso gefährdet wie die Aufarbeitung der Verbrechen der vor 36 Jahren gestürzten Marcos-Diktatur, die für Haft, Folter und Tod tausender Oppositioneller und die Plünderung des Landes steht.

Und Duterte dürfte wegen tausendfacher Ermordung mutmaßlicher Drogendealer unbehelligt bleiben, seine Geg­ne­r*in­nen wie die inhaftierte Senatorin Leila de Lima oder die Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa werden weiter gegen fingierte Klagen kämpfen müssen. Robredo hatte zuletzt noch beeindruckende Menschenmengen mobilisiert, die genau wussten, was auf dem Spiel steht.

Doch gegen die jahrelange Gehirnwäsche aus Fake News und Desinformation durch Marcos’ Social Media-Kampagne kam sie nicht an. Wer jetzt aber die Bevölkerung für dumm erklärt, macht es sich zu leicht. Gewiss spielen mangelnde politische Bildung und geringes Bewusstsein eine Rolle. Doch zeigen diese Wahlen auch die Krise der philippinischen Elitedemokratie. Denn für viele ist Marcos kein antidemokratischer Diktatorensohn, sondern einfach jemand, der ein attraktiveres Narrativ zu bieten hat als die Konkurrenz.

Auch die Aquinos, Ramos’, Estradas und Arroyos hatten das Blaue vom Himmel versprochen und nur wenig davon gehalten. Das Leben der Kleinbauern, Slumbewohner und Arbeitsmigranten hatte sich kaum verbessert. Justizreformen, mit denen der Marcos-Clan hätte effektiv verurteilt und mehr soziale Gerechtigkeit durchgesetzt werden können, gab es nicht. Die inzwischen 92-jährige Imelda Marcos wurde in sieben Korruptionsfällen zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Doch konnte sie eine Vollstreckung jahrelang hinauszögern. Und ihr Sohn und jetziger Wahlsieger hat sehr hohe Steuerschulden. Beide kommen damit durch, weil auch die politische Konkurrenz kein wirkliches Interesse an Korruptionsbekämpfung und einem funktionierenden Steuersystem hat. Die philippinische Demokratie ist für viele eine unterhaltsame Show, bei der sich Po­li­ti­ke­r*in­nen aus elitären Dynastien, Celebrities oder Sportstars mit platten Versprechen und emotionalen Appellen überbieten.

Marcos hat dies jetzt erfolgreich mit einer Desinformationskampagne in den völlig unregulierten sozialen Medien verknüpft. Sein Sieg garantiert, dass sich an dem System nichts ändern wird.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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