Quad-Gipfel in Tokio: USA wollen in Asien aktiver sein

US-Präsident Joe Biden suchte in Asien den Schulterschluss mit Verbündeten, sorgte dort auch für Verwirrung und viele Fragen blieben offen.

Vier Führer des Quad: Australien neuer Premier Anthony Albanese, US-Präsident Joe Biden, Indiens Primier Narendra Modi und Japans Ministerpräsident Fumio Kishida

Das Quartet Anthony Albanese, Joe Biden, Narendra Modi und Fumio Kishida. (AP Photo/Evan Vucci) Foto: Evan Vucci/ap

BERLIN taz | Die Staats- und Regierungschefs der vier formal demokratischen Indopazifik-Staaten Indien, Japan, Australien und USA haben sich bei ihrem eintägigen sogenannten Quad-Gipfel am Dienstag in Tokio erneut zu einem „freien und offenen Indopazifik“ verpflichtet. Es ist der zweite Gipfel dieser Art. Mit ihm soll in der Region vor allem ein Gegengewicht zum wachsenden Einfluss des autoritären Chinas gebildet werden. Auch drücken Washington und seine mächtigsten asiatischen Freunde damit ihr Interesse am Fortbestand des einst großen US-Einflusses in der Region aus.

Das Quartett einigte sich laut Japans Gastgeber, Ministerpräsident Fumio Kishida, darauf, in den nächsten fünf Jahren mindestens 50 Milliarden US-Dollar an Hilfen oder Investitionen für Infrastruktur in der Region bereitzustellen. Details blieben unklar.

Das Ziel ist ein Gegengewicht zu Pekings massiver Seidenstraßeninitiative. Diese verschafft China und seiner Industrie nicht nur kreditfinanzierte Großaufträge, sondern auch politischen Einfluss. Die vier Länder wollen auch ihre Kooperation bei Naturkatastrophen verstärken und ihre Satellitendaten Staaten in der Region zur Verfügung stellen.

Neben Kishida nahmen auch Indiens Premier Narendra Modi, Australiens erst unmittelbar zuvor vereidigter neuer Premier Anthony Albanese und US-Präsident Joe Biden teil. Differenzen wurden bei ihrer Diskussion des Ukraine-Krieges deutlich. Modi erwähnte ihn in seiner Rede nicht und weigerte sich weiterhin, den russischen Angriff zu verurteilen.

Differenzen mit Indien bleiben

Daran änderte auch ein anschließendes bilaterales Treffen mit Biden nichts. Russland ist Indiens wichtigster Waffenlieferant. Seit Kriegsbeginn hat Indien seine Einfuhr von russischem Öl sogar erhöht, während westliche Staaten ihre Energieeinfuhren aus Russland drosseln. Biden lobte Japan explizit dafür, sich den westlichen Sanktionen gegen Moskau angeschlossen zu haben. Kishida und Biden hatten sich bereits am Vortag bilateral getroffen.

Der US-Präsident grenzte sich mit seiner Teilnahme an diesem multilateralen Gipfel von der Asienpolitik seines Vorgängers Donald Trumps ab. Der hatte nur auf bilaterale Beziehungen gesetzt.

Das noch von Barack Obama ausgehandelte Transpazifische Partnerschaftsabkommen (TPP) zum Freihandel unterschrieb Trump nicht. Damit schuf er ein machtpolitisches Vakuum, das China ausfüllt. Peking hat der Region inzwischen sein eigenes Handelsabkommen RCEP schmackhaft gemacht, während Biden bei einer Kehrtwende zurück zu einem Freihandelsabkommen am Kongress scheitern dürfte.

Am Montag hatte Biden für ein Rahmenabkommen zur Wirtschaftskooperation im Indopazifik (IPEF) geworben. Neben den vier Quad-Staaten waren neun weitere geladen, China nicht. Es geht dabei nicht wie bei früheren Abkommen um Freihandel, sondern um Zusammenarbeit der USA mit ausgesuchten Partnern: um gemeinsame Lieferketten, Regeln der Digitalwirtschaft und erneuerbare Energien.

Wenig attraktives IPEF-Abkommen

Doch dass die USA keinen zollfreien Zugang zu ihrem Markt anbieten wollen, mindert laut Beobachtern die Attraktivität des IPEF-Abkommens. So ist letztlich auch noch unklar, wer wirklich mitmacht.

Biden hatte für Verwirrung gesorgt, als er auf die Frage einer Journalistin erklärte, bei einem Angriff Chinas auf Taiwan würden die USA die Insel militärisch verteidigen: „Das ist eine Verpflichtung, die wir eingegangen sind“, sagte er.

Sinngemäß hatte er dies schon zum dritten Mal geäußert und damit der bisher offengelassenen Reaktion Washingtons („strategische Mehrdeutigkeit“) im Fall eines Angriffs Chinas widersprochen. Mitarbeiter mussten ihn stets korrigieren. Jetzt sagten sie wie er selbst, Washingtons Politik sei unverändert. Sein Kurs wirkt unausgegoren und Beobachter fragen sich, ob er damit Taiwan nicht mehr schade als nütze. Peking warnte vor einem „Spiel mit dem Feuer“.

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