Chinas Repressionen in Hongkong: Ein Hardliner für Hongkong

John Lee wird neuer Regierungschef von Hongkong und löst Carrie Lam ab. Die Demokratieproteste 2019 hatte er brutal niederschlagen lassen.

John Lee winkt auf dem Podium und trägt Mundschutz

Für Peking soll er in Hongkong für Ruhe sorgen: John Lee nach seiner „Wahl“ Foto: Kin Cheung/ap

PEKING taz | Das Ergebnis fiel mit 99,4 Prozent geradezu „nordkoreanisch“ aus. Nur 8 von insgesamt 1.424 Delegierten des Hongkonger Wahlkomitees stimmten nicht für John Lee. Doch als demokratische Legitimierung lässt sich die Wahl vom Sonntag keineswegs interpretieren: Der 64-Jährige trat schließlich als alleiniger Kandidat als Nachfolger der scheidenden Regierungschefin Carrie Lam an.

Auf Lee warten Mammutaufgaben: Die Wirtschaft der Finanzmetropole liegt nach über zwei Jahren Isolation und politischer Repression in Trümmern. Gleichzeitig kann das wohlhabende Hongkong seiner Jugend keine Aufstiegschancen mehr bieten. Stattdessen wird die Mittelschicht von einem horrend teuren Immobilienmarkt geplagt.

Was es also bräuchte, wäre ein Politiker mit Wirtschaftskompetenz, der die Schere zwischen Arm und Reich wieder schließen kann. Stattdessen wurde mit John Lee eine „sicherheitspolitische“ Lösung installiert – ein klares Zeichen von Peking, dass es bei der Zukunft Hongkongs vor allem auf Ruhe und Stabilität setzt.

Lee hat praktisch sein gesamtes Berufsleben im Sicherheitsapparat verbracht. Mit 19 Jahren trat er in den Polizeidienst ein und legte dort eine steile Karriere hin. 2017 schaffte er es bis in die Spitze des Sicherheitsministeriums. Dort ließ er die prodemokratischen Demonstrationen von 2019 blutig niederschlagen.

Keine Zivilgesellschaft, keine Opposition

Die Zivilgesellschaft liegt längst brach, und auch mit einer politischen Opposition wird sich Lee während seiner Amtszeit nicht rumschlagen müssen. Denn im Sommer 2020 hat Peking mit dem sogenannten nationalen Sicherheitsgesetz für Hongkong sämtliche Kritiker mundtot gemacht. Für prodemokratische Politiker, Aktivisten und Journalisten gibt es seither nur drei Alternativen: Gefängnis, Emigration oder der innere Rückzug.

Im Sommer 2020 wurde Lee höchstpersönlich von der US-Regierung sanktioniert. Präsident Donald Trump argumentierte damals, Lee würde mit seinen Taten die qua internationalem Vertrag zugesicherte Autonomie Hongkongs untergraben. Aus denselben Gründen ließ Youtube später die Wahlkampagne Lees auf der Plattform sperren.

Doch angesichts fehlender Konkurrenz hatte es einer Kampagne ohnehin nicht bedurft. Während NGOs die Wahl als Farce kritisierten, wurde sie von der chinesischen Zentralregierung in gewohnt blumiger Sprache gefeiert: Aus dem Verbindungsbüro für Hongkong hieß es, die Abstimmung habe „die Vorteile des neuen Wahlsystems“ und die „neue Praxis bei der Entwicklung einer Demokratie mit Hongkonger Eigenschaften“ demonstriert.

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