Vorwahlen bei den US-Republikaner*innen: Vom Trump-Kritiker zum Protegé

Bei den republikanischen Vorwahlen in Ohio tritt Bestsellerautor J. D. Vance an – unterstützt von Trump, den er einst verabscheute.

J.D. Vance klatscht in die Hände

J.D. Vance bei einer Wahlkampfveranstaltung in Delaware, Ohio, am 23. April Foto: Gaelen Morse/reuters

BERLIN taz | An diesem Dienstag finden im US-Bundesstaat Ohio die Vorwahlen der Republikanischen Partei um die Kandidatur für die Senatswahlen im November statt – selten bekam eine Vorwahl so viel internationale Aufmerksamkeit wie diese.

Das liegt aber nicht an der Bedeutung der Wahl für die zukünftigen Mehrheitsverhältnisse im US-Senat: Wer gewählt wird, tritt die Nachfolge des republikanischen Amtsinhabers Rob Portman an, der nicht mehr kandidiert. Um den Senat zurückzuerobern, müssten die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen derzeit demokratisch gehaltene Sitze gewinnen.

Aber was nicht nur die US-Öffentlichkeit elektrisiert, ist ein Kandidat: J. D. Vance, der 37-jährige Investmentmanager, der am Karfreitag die lang ersehnte Unterstützung des Ex-Präsidenten Donald Trump erhielt und seitdem die Umfragen anführt.

2016 war sein autobiografisches Buch „Hillbilly Elegy“ erschienen, eine Nacherzählung seiner Kindheit in armen Arbeiterverhältnissen, abgestürzt durch die Krise der US-Industrie, opioidsüchtige Mutter, wenig Intellektualität, aber viele Waffen. Wie Didier Eribons „Rückkehr nach Reims“ in Frankreich die Attraktivität des Rechtspopulismus für die Ar­bei­te­r*in­nen­schaft erklärte, so machte J. D. Vance der Mittelschicht begreiflich, warum diese tatsächlich Abgehängten plötzlich Trump wählten. Mit genauer Erzählung, feinem Humor – und mit einer klaren Abneigung gegen Trump, den er damals noch einen „Idioten“ nannte und mit Hitler verglich.

Was den Wandel bewirkt hat, weiß nur Vance selbst

Wenn Vance heute bei seinen Kundgebungen spricht, ist davon nichts wiederzuerkennen. Seine Reden sind wütende Feuerwerke rechtspopulistischer Tiraden über die „korrupten Drecksäcke“ in Washington, die illegale Migration, den Ausverkauf der USA an China. Trump-Themen, Trump-Sprech.

Was den Wandel bewirkt hat, darüber rätseln Feuilleton und Politanalysten. Er selbst sagt nur, er habe sich damals geirrt: Tatsächlich sei Trump der beste Präsident gewesen, den es in seiner Lebenszeit gegeben habe.

Dabei geht es im siebenköpfigen republikanischen Kandidatenfeld gar nicht drum, für oder gegen Trump zu sein: Sie sind alle für ihn. Alles andere wäre auch erstaunlich: In Ohio gewann Trump 2020 klar, die übergroße Mehrheit der dortigen Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen steht hinter ihm und will ihn bei den nächsten Wahlen 2024 wieder als Kandidaten haben. Alle sieben Senatsaspiranten hofften auf Trumps Unterstützung.

Dass sich Trump nun aber ausgerechnet für Vance entschieden hat, wurmt die anderen, und so spielen sie alte Anti-Trump-Äußerungen von Vance in Dauerschleife in ihren Werbespots. Bislang nutzt das wenig. Vance zeigt eine kämpferische Radikalität, die ankommt, und die ihm auch die Unterstützung so schillernder Figuren wie Trumps ehemaligem Deutschland-Botschafter Richard Grenell und der QAnon-nahen Abgeordneten Marjorie Taylor Greene eingebracht hat.

Kann jemand wie Vance, der so klar und analytisch aufgeschrieben hatte, welche Falle der Rechtspopulismus gerade für die Arbeiterklasse darstellt, wirklich einen solchen Wandel hinlegen? Er kann. Ob er irgendetwas von dem glaubt, was er den Leuten erzählt, weiß nur er selbst. Aber wie er es erzählen muss – das weiß J. D. Vance.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.