Enkeltrick über WhatsApp: Nicht nur Großeltern betroffen

Auf WhatsApp versuchen Be­trü­ge­r:in­nen mit einer neuen Variante des Enkeltricks Geld zu erschleichen. Die taz hat mit Betroffenen gesprochen.

Zwei Hände einer älteren Dame halten ein Smartphone in der Hand

Um Großeltern und Eltern vor Betrug zu schützen, können Kinder regelmäßig Kontakt aufnehmen Foto: Jens Kalaene | dpa

BERLIN taz | Mit Anreden wie „Hallo Papa“ und roten Herzchen-Emojis wickeln sie ihre Opfer um den Finger. Ohne zu zögern, überweisen Eltern und Großeltern die Summe, und im Nu ist das Geld weg. Die Rede ist von „Schock-WhatsApps“. Das Landeskriminalamt (LKA) in Schleswig-Holstein sowie das Polizeipräsidium Brandenburg gaben bekannt, dass es eine neue Variante des sogenannten Enkeltricks gibt.

Be­trü­ge­r:in­nen nutzen den Messenger-Dienst WhatsApp, um sich als Angehörige auszugeben und um Geld zu bitten. Sie kontaktieren ihre Opfer mit Nachrichten, die Vertrautheit erwecken, und suggerieren so eine enge Beziehung. Darauf folgt die Information, dass man eine neue Nummer habe – sowie die Aufforderung, die alte, vermeintlich nicht mehr gültige Nummer zu löschen. Auf diese Weise soll der Kontakt zu den echten Familienangehörigen unterbunden werden.

Ist das Vertrauen erst erweckt, bitten sie ihre Opfer einige Tage später um Echtzeitüberweisungen auf Konten von Onlinebanken. Die vermeintlichen Gründe reichen von „Unfall im Ausland“ bis hin zur „Rücküberweisung in zwei Tagen“. Eine spätere Rückholung des Geldes ist aussichtslos.

Insgesamt registrierte allein das Landeskriminalamt in Schleswig-Holstein in diesem Jahr 440 Fälle des neuen Enkeltricks. In 94 Fällen waren die Be­trü­ge­r:in­nen erfolgreich. Der dadurch entstandene finanzielle Schaden im Raum Schleswig-Holstein beträgt 268.000 Euro. Da nicht alle Fälle der Polizei gemeldet werden, wird eine höhere Dunkelziffer vermutet. Außerdem werden solche Tricks bundesweit eingesetzt.

Klingt fast wie das eigene Kind

Eine 65-Jährige aus Hamburg erzählte gegenüber der taz, dass sie eine solche Nachricht erhalten habe – sie möchte aber anonym bleiben. Die Nachricht begann mit „Hallo Mama“. Der vermeintliche Sohn schrieb, dass er seinen Anbieter gewechselt habe und seine alte Nummer deshalb gelöscht werden könne.

„Ich habe die neue Nummer gespeichert und wollte die alte auch löschen, aber ich war einfach zu träge“, sagt die Betroffene. Sie hätte sämtliche Zusatzinformationen in die neue Nummer übertragen müssen, das sei ihr zu aufwendig gewesen. Sie habe daher die Nachricht zur Kenntnis genommen und ihren Sohn zwei Tage später bei einem Spaziergang darauf angesprochen. Dieser habe sofort geahnt, dass es sich um einen Enkeltrick handelt.

Wer derartige Nachrichten erhält, sollte vorsichtig reagieren, sagt der Sprecher des Polizeipräsidiums in Brandenburg, Mario Heinemann. Man solle die Nummer zurückrufen, um den Wahrheitsgehalt zu erfragen. Das hätte die Betroffene auch getan: „Wenn meine Kinder mit mir ein Problem besprechen wollen, sprechen sie persönlich mit mir“, sagt sie. Angezeigt habe die Mutter diesen Fall nicht.

Ein 60-jähriger Betroffener wurde nach einer ähnlichen Kontaktaufnahme zur Geldüberweisung aufgefordert. Er erklärt gegenüber der taz, dass er den Betrag in Höhe von 1.700 Euro „noch am selben Tag überweisen“ wollte. Die anonyme Person habe versucht, zeitlich Druck auszuüben. Erst durch ein Gespräch mit seiner Frau habe er innegehalten. Er sei verärgert gewesen und fühlte sich bloßgestellt, da er „beinahe darauf hereingefallen wäre“. Aber auch er erstattete keine Anzeige, da es „nur“ bei Nachrichten geblieben sei.

Kontakt aufnehmen, bevor es zu spät ist

Der Schaden, der durch die zahlreichen Enkeltricks entstanden ist, lässt sich zum Teil auf mangelnde Medienkompetenz zurückführen. Eine Studie der Stiftung Neue Verantwortung vom März 2021 ergab, dass im Alter die digitale Kompetenz sinkt. Menschen in der Altersgruppe über 60 schneiden am schlechtesten ab, wenn es um digitale Kompetenz geht.

Um Familienangehörige vor Kriminalität im Netz zu schützen, benötigt es mehr Achtsamkeit und Vorsorge. Heinemann rät: „Die Generationen sollten miteinander reden“, so der Polizeisprecher. Ältere Menschen seien einfach nicht in der digitalen Welt aufgewachsen. Kinder und Enkelkinder könnten ihnen beibringen, wie man fingierte Kurznachrichten erkennt. Der 60-jährige Vater erklärt, er habe seine Lektion gelernt: „Niemals etwas zahlen, ohne vorher über ein anderes Medium Rücksprache zu nehmen“, sagt er.

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