Petition der Woche: Laufen, aber nicht bis zum Umfallen

Marathon zur besten Zuschauerzeit – daran wollen die EM-Veranstalter trotz Sommerhitze festhalten. Unter Leicht­ath­le­t:in­nen regt sich Widerstand.

Marathonläufer rennen durch das Bild

Sport­le­r:in­nen sehen ihre Gesundheit und Leistung gefährdet Foto: Mary Schwalm/ap

Katharina Steinruck läuft 42,195 Kilometer, also den Marathon, in weniger als 2 Stunden und 26 Minuten. Sie ist eine der erfolgreichsten Deutschen auf dieser Strecke. Steinruck ist in Topform – und trotzdem macht sie sich zu Beginn der Wettkampfsaison Sorgen. Nicht um ihre Fitness, sondern um das Wetter, genauer: um das Wetter am 15. August in München.

Dann nämlich will Steinruck bei den Leichtathletik-Europameisterschaften starten. Doch die Terminierung der Marathonläufe sorgt nicht nur bei ihr für Unverständnis: Der Veranstalter European Atheletics gab bekannt, dass die Frauen um 10.30 Uhr und die Männer um 11.30 Uhr starten sollen. Mitten im Hochsommer würden die Sport­le­r:in­nen somit genau in die Mittagshitze laufen.

„Zuerst hatten wir gedacht, der Zeitplan ändert sich bestimmt noch. Aber dann wurde klar, dass sie das ernst meinen“, sagt Katharina Steinruck im Gespräch mit der taz. Gemeinsam mit weiteren Ath­le­t:in­nen hat sie die Onlinepetition „Athlete’s Health First“ gestartet, um einen Hitze-Marathon in München zu verhindern. Bis zum Ende der Woche hatte die Initiative knapp 1.500 Unterschriften gesammelt.

Sogenannte Hitzerennen hatten in den vergangenen Jahren mehrfach für Aufsehen gesorgt. Mehr als 32 Grad und extrem hohe Luftfeuchtigkeit sorgten etwa dafür, dass bei der Leichtathletik-WM 2019 in Katar nur rund die Hälfte der Läu­fe­r:in­nen ins Ziel kamen.

Hitzerennen gefährden Gesundheit und Leistung

Katharina Steinruck erinnert sich noch gut an ein anderes Rennen, den Marathon bei den Olympischen Spielen im vergangenen Sommer in Japan. An eine gute Laufzeit war für sie nicht zu denken. Aber: „Olympia ist Olympia, da geht es vor allem ums Dabeisein“, sagt sie. In München sehe das anders aus. Beim EM-Lauf wolle sie unbedingt ihre Spitzenzeit verbessern, so Steinruck. Dazu kommt die gesundheitliche Belastung: Sport­me­di­zi­ne­r:in­nen warnen regelmäßig vor Wettkämpfen bei zu großer Hitze. Und auch gemäß der Deutschen Leichtathletikverordnung sollen Langstreckenläufe im Sommer vor 9 oder nach 18 Uhr stattfinden.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Bisher wollen die EM-Veranstalter jedoch nicht an den Marathon-Zeiten rütteln. Man sei der Meinung, „dass die aktuellen Startzeiten den Läuferinnen und Läufern die besten Möglichkeiten bieten, ihre Leistungen zu erbringen und gleichzeitig das Flair und die Atmosphäre des Multisportevents mit der großartigen Unterstützung des Publikums zu erleben“, erklärt European-Athletics-Vorstand Christian Milz auf Anfrage der taz.

Der Zeitplan sei „nach einer umfassenden Analyse der relevanten Wetterdaten“ festgelegt geworden, man erwarte „keine nennenswerten Risiken für die Gesundheit der Athletinnen und Athleten“. Gleichzeitig stellt Milz aber in Aussicht, die Startzeiten kurzfristig anzupassen, sollte sich die Risikobewertung ändern. Die Gesundheit der Ath­le­t:in­nen habe „oberste Priorität“.

Die In­itia­to­r:in­nen der Petition empfinden das Hinhalten der Organisatoren als „Schlag ins Gesicht“. Katharina Steinruck glaubt, dass nicht die Gesundheit der Sportler:innen, sondern wirtschaftliche Interessen und der Wunsch nach einem möglichst großen Publikum an erster Stelle stünden. Denn die Läufe führen, am bayerischen Feiertag Mariä Himmelfahrt, mitten durch die Münchner Altstadt.

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