Schnäppchenjagd auf dem Campus

Die traditionsreiche Studentenbücherei in der alten Mensa der Kölner Uni verkauft ihren Bestand zum Schleuderpreis. Leiterin und Nutzer bedauern das „Ende einer Epoche“

Räumungsverkauf an der Kölner Universitätsstraße. Jedes Buch kostet zwischen einem und fünf Euro. Stapelweise schleppen die Studentinnen und Studenten ihre Schnäppchen zur Kasse. „Ich habe kein gutes Gefühl“, sagt Dorothee Kaysel mit leiser Stimme. Die Bibliothekarin betrachtet betrübten Blickes den Ausverkauf der von ihr 31 Jahre lang geleiteten Studierendenbücherei im Unikum, der alten Mensa der Kölner Universität.

Bereits im Mai diesen Jahres war die traditionsreiche Einrichtung auf Geheiß des Uni-Rektorats sang- und klanglos geschlossen worden. Es sei ein Luxus, einen so großen Raum für so wenige Nutzer bereit zu halten, hieß es zur Begründung aus der Verwaltung der Hochschule. Unter anderem soll die Studiobühne demnächst hier proben können.

85 Jahre lang konnten Studierende Sachbücher und Literatur aus der ganzen Welt ausleihen. Rund 15.000 Bücher standen hier zum Schluss in den Regalen. Viele Besucher nutzten vor allem das umfangreiche, internationale Angebot an Zeitungen und Zeitschriften. „Ein trauriges Datum, das Ende einer Epoche“, kommentiert eine Leserin auf einer Postkarte das Ende der Studentenbücherei. Mit Unterstützung des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer und vielen Spendengeldern hatte die Bücherei im Sommersemester 1920 ihre Pforten geöffnet. Hier sollten Studenten sich außerhalb ihres Fachstudiums über das „gesamte geistige Leben der Gegenwart“ informieren können.

Die vom Studentenwerk, der Universitätsbibliothek und dem Allgemeinen Studierenden Ausschuss (AStA) der Uni Köln getragene Freizeiteinrichtung wurde von den Hochschülern lange Zeit sehr gut angenommen. In den Siebziger- und Achtzigerjahren hatte die mittlerweile etwas versteckt hinter dem AStA-Café gelegene und kaum beworbene Bücherei Hochkonjunktur. „In den Neunzigern fanden immer weniger Studenten den Weg hierher“, bedauert die Leiterin das schwindende Interesse.

„Die Nutzerzahlen waren unbefriedigend“, bestätigt auch Ulrich Müller, Projektleiter beim Kölner AStA. Das Ende der Institution kam dennoch überraschend. Denn die drei Kooperationspartner hatten im Jahre 2004 Gespräche geführt, um die offensichtlichen Mängel des Angebots zu beheben. „Doch während wir versuchten, die Attraktivität zu erhöhen, hat man uns den Raum unterm Hintern weggezogen“, klagt Ulrich Müller.

Im Januar beschloss das Rektorat die Schließung. Ein Appell des Studentenparlaments vom Februar 2005 zum Erhalt der Bücherei fand kein Gehör. „Wir haben bis zum heutigen Tag keine Antwort vom Rektorat erhalten“, beschwert sich Müller.

Der AStA hat derweil rund 1.500 Bücher aus dem Bestand der Studentenbücherei für sich gesichert. Es soll der Grundstock für eine neue AStA-Bibliothek sein, die im September nächsten Jahres eröffnet wird. THOMAS SPOLERT