Geflüchtete aus der Ukraine: Es geht ums Ankommen

Sozialsenatorin Kipping (Linke) sieht Wendepunkt bei der Aufnahme von Geflüchteten. Mehr als „Akuthilfe“ sei jetzt langfristige Integration wichtig.

Erste Anlaufstelle für viele Geflüchtete ist weiterhin das zentrale Ankunftszentrum in Tegel Foto: imago

BERLIN taz | Man sei an einem Wendepunkt, sagte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am Dienstag nach der Senatssitzung mit Blick auf die Lage der geflüchteten Menschen aus der Ukraine. Zwar kämen immer noch täglich bis zu 2.000 Menschen neu in Berlin an, die akut versorgt werden müssten. „Aber wir treten jetzt in eine neue Phase ein. Es geht jetzt ums Ankommen in der neuen Heimat, um Teilhabe“, so Kipping.

Bisher habe Berlin 58.400 Menschen aus der Ukraine aufgenommen, so die Sozialsenatorin. Der überwiegende Teil – 50.000 Geflüchtete – habe sich beim Landesamt für Einwanderung registrieren lassen und einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt. In den Genuss kommt, wer für mindestens sechs Monate eine dauerhafte Unterkunft in Berlin nachweisen kann. Laut Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sind bereits 11.100 Aufenthaltstitel erteilt worden.

Im zentralen Ankunftszentrum in Tegel wurden außerdem 8.400 Menschen über das Landesamt für Flüchtlinge (LAF) registriert und Berlin „zugewiesen“. Diese Menschen bekommen ebenfalls einen Aufenthaltstitel. Laut Kipping sind das rund 35 Prozent der Menschen, die insgesamt im Ankunftszentrum ankommen. Die Kriterien, wer bleiben dürfe, seien „ganz klar und transparent“ festgelegt, sagte Kipping. Wer etwa Familie hier habe oder bereits über einen Ausbildung- oder Arbeitsvertrag verfüge, dürfe bleiben. Ebenso Frauen im Mutterschutz und gebrechliche Menschen, die nicht mehr reisefähig seien.

„Berlin steht dann sofort in der Verantwortung“, betonte Kipping. Sie sage das auch, „weil es eine Frage von Kapazitäten ist“. Zum einen reichten die Kostenpauschalen des Bundes nicht, gerade weil Berlin weit über den Königsteiner Schlüssel hinaus aufnehme, der die Verteilung der Geflüchteten über das Bundesgebiet regelt. Zum anderen gehe es nicht nur um Geld, sondern auch um das Hochfahren von Einrichtungsplätzen, gerade auch für Pflegebedürftige und Behinderte. Das gehe nicht „auf Knopfdruck“, sagte Kipping. „Da reden wir von Inklusion, die langfristig angegangen werden muss.“

Einen Einbruch sah Kipping bei der Spendenbereitschaft aus der Zivilgesellschaft. Das erschwere die Arbeit der Ehrenamtlichen, die immer noch gebraucht würden: „Nur weil die Bilder nicht mehr so brisant sind, gibt es weiterhin viele Initiativen, die auf Spenden angewiesen sind.“ Ein erneutes Amtshilfeersuchen bei der Bundeswehr laufe noch, sagte Kipping – da gebe es aber „sehr enge Maßstäbe“. Im März hatte die Bundeswehr bereits für einige Zeit Soldaten nach Berlin „ausgeliehen“, die bei der Registrierung in Tegel helfen sollten. Damals kamen allerdings mit bis zu 10.000 Geflüchteten auch deutlich mehr Menschen pro Tag in Berlin an.

Kipping verwies darauf, wie wichtig eine Registrierung für die Geflüchteten sei – auch um nicht in „ausbeuterische Arbeitsverhältnisse“ zu geraten. Laut Zahlen der Sozialverwaltung registriert sich nur ein Bruchteil der Ankommenden: Am Osterwochenende waren es etwa nur 1.900 von 8.200 Ankommenden, wie eine taz-Anfrage ergeben hatte. Bis 31. August können Kriegsflüchtlinge visumfrei in Deutschland sein.

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