Privatstädte in Honduras gestoppt: Gegen rechtsfreie Ministaaten

Honduras’ Parlament hat die Gesetze zur Schaffung von Investorenstädten rückgängig gemacht. Damit ist das Thema aber nicht vom Tisch.

Xiomara Castro bei ihrem Amtsantritt mit der Präsidentenschärpe von Honduras

Eines ihrer Wahlversprechen geht in Erfüllung: Honduras' Präsidentin Xiomara Castro Foto: reuters

BERLIN taz | Das Parlament von Honduras hat den geplanten Privatstädten auf honduranischem Territorium eine klare Absage erteilt. Einstimmig beschlossen die 128 Abgeordneten in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag die Abschaffung der Gesetze für die Sonderwirtschaftszonen, die sogenannten ZEDE (Zonas de Empleo y Desarrollo Economico) und der damit im Zusammenhang stehenden Verfassungsartikel. Damit entsprach das Parlament einem Wahlversprechen der neuen Präsidentin Xiomara Castro.

Von dem ursprünglich verfolgten Ansatz, Gebiete mit guter Regierungsführung, gestärkten Menschenrechten und einem wirtschaftsfördernden Effekt zu errichten, war ohnehin nicht viel übrig geblieben. Zwar wurden verschiedene Projekte initiiert und zur Planungs- und Umsetzungsreife geführt.

Dabei wurden jedoch rücksichtslos In­ves­to­r:in­nen­in­ter­es­sen durchgesetzt und grundlegende Menschenrechte der honduranischen Bevölkerung missachtet. Besonders deutlich zeigte sich das anhand der ZEDE de North Bay: Die sollte eine überwiegend aus In­ves­to­r:in­nen bestehende Regierung bekommen, während das aktive und passive Wahlrecht massiv beschränkt werden sollte.

Zudem ist umstritten, wem das für die Projektumsetzung vereinnahmte Land tatsächlich gehört. Weder die Be­woh­ne­r:in­nen des benötigten Gebietes noch die übrige Bevölkerung von Honduras wurden im Vorfeld der Projektumsetzung angemessen konsultiert. Insbesondere die Rechte indigener Gruppen wurden nicht beachtet.

Korrupte Regierung und skrupellose In­ves­to­r:in­nen

Um das ZEDE-Gesetz überhaupt anwenden zu können, hatte die vorherige Regierung 2012 für die Entlassung von vier von fünf Richtern der Verfassungskammer des Corte Suprema de Justicia gesorgt, die sich zuvor gegen das ZEDE-Gesetz ausgesprochen hatten. Anschließend wurde das Gesetz zur Prüfung einer neu zusammengesetzten Verfassungskammer vorgelegt, welche aus Richtern bestand, die sich im Vorfeld zu einer wohlwollenden Begutachtung bereit erklärt hatten.

Die Posse um die Entlassung der Richter illustriert, wie das Zusammenwirken zwischen einer korrupten Regierung und skrupellosen In­ves­to­r:in­nen in Kombination mit wenig wirkmächtiger Rechtsstaatlichkeit den Nährboden für das aberwitzig anmutende Privatstadt-Projekt bereiten konnten.

Einer der wichtigsten Treiber der Idee der Privatstädte, der acht Jahre lang regierende Ex-Präsident Juan Orlando Hernández, wurde am Donnerstag in Handschellen in die USA ausgeliefert, wo ihn ein Verfahren wegen Drogenhandels erwartet.

Die Entscheidung des Nationalkongresses ist ein wichtiges Signal eines wiedererstarkenden Rechtsstaates. Aber sie bedeutet noch nicht zwangsläufig das Ende für die ZEDE in Honduras. Zwar können nun keine neuen ZEDE mehr errichtet werden, allerdings ist zu befürchten, dass die an den bereits existierenden Projekten beteiligten In­ves­to­r:in­nen ihre Rechte umfassend abgesichert haben.

Es drohen lange Verfahren um Entschädigungsforderungen

Denn das jetzt abgeschaffte ZEDE-Gesetz eröffnete ihnen die Möglichkeit, sogenannte Stabilitätsabkommen mit der honduranischen Regierung abzuschließen, auf deren Grundlage das ZEDE-Gesetz selbst bei Abschaffung durch den Nationalkongress für zehn weitere Jahre gilt. Wie viele solcher Stabilitätsabkommen tatsächlich geschlossen wurden, ist noch nicht bekannt.

Zumindest im Fall der ZEDE de North Bay gibt es ein solches Abkommen. Es sieht vor, dass die ZEDE de North Bay für weitere zehn Jahre von der Entscheidung des Nationalkongresses über die Abschaffung der ZEDE unberührt bleiben soll. Möchte der honduranische Staat nun gegen die Betreibergesellschaft der ZEDE de North Bay vorgehen, etwa um unrechtmäßig genutzten Grund und Boden zu beschlagnahmen oder die dort geltende Sondergesetzgebung außer Kraft zu setzen, sind diese Fragen in einem verbindlichen Schiedsverfahren zu klären.

Bereits getätigte Investitionen und die damit in Zusammenhang stehenden Rechte der In­ves­to­r:in­nen sind zudem durch das Central American Free Trade Agreement und den Honduras – United States of America Bilateral Investment Treaty geschützt. Dementsprechend können In­ves­to­r:in­nen bei Eingriffen des honduranischen Staates vor internationalen Schiedsgerichten klagen. Es drohen Entschädigungsforderungen der Betreibergesellschaften.

Theoretisch ist die Republik Honduras dazu verpflichtet, internationale Schiedssprüche anzuerkennen. Damit es dazu kommt, müsste allerdings auch festgestellt werden, ob die von der korrupten vormaligen Regierung des gerade an die USA ausgelieferten Juan Orlando Hernández geschaffenen Rechtsgrundlagen überhaupt wirksam sind.

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