Verpasst?
: Harald Schmidts Albtraum

„Gottschalk & Friends“, 22.45 Uhr, ZDF

Seit vorgestern, 23.41 Uhr, ist es schwer nachvollziehbar, dass diese Sendung in der Presse (und vom ZDF?) vorab tatsächlich verdächtigt wurde, Harald Schmidt Konkurrenz zu machen. Denn als die erste Folge „Gottschalk & Friends“ im ZDF nach fünfundfünfzig Minuten zu Ende gegangen war, muss wenigstens davon keine mehr Rede sein.

Obwohl: warum eigentlich nicht? Soll man etwa an Gottschalks Late-Night-Versuche auf RTL und Sat.1 erinnern? Lieber nicht. Und immerhin läuft der fast einstündige „Show-Talk“ mit Thomas Gottschalk, seit Dientag zunächst achtmal, als Sommerpausenfüller der „Kerner“-Show auf einem ZDF-Sendeplatz, der sich mit dem von „Harald Schmidt“ überschnitte, wenn nicht auch Schmidt gerade Sommerpause machte. Und auch darüber hinaus sind Ähnlichkeiten ja durchaus vorhanden: Wie Schmidt sitzt Gottschalk in einem Studio mit Publikum und spricht, wenn er den Mund aufmacht. Vielleicht hat „Gottschalk & Friends“ im Vergleich zur ARD-Late-Night sogar was Albtraumhaftes: Als Harald Schmidt eines Abends aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich im ZDF zu einem ungeheuren Gottschalk verwandelt. Sozusagen. Schließlich ist Gottschalk noch witzloser, pointenfreier und selbstbezogener, hat zu viele Gäste statt zu wenig sowie blonde Locken.

Ein Albtraum ist „Gottschalk & Friends“ allerdings auch ohne Schmidt – selbst als Urlaubsvertretung für Johannes B. Kerner. Dabei sind Gottschalks Fragen auch nicht anders: „Aber es war doch wirklich so: Damals war doch jeder in Nena verliebt, oder?“, fragt Gottschalk in Gästerunden, die auch bei Kerner säßen oder saßen, und bestimmt hätte das auch Kerner gefragt, wenn Nena neben ihm gesessen wäre – mit dem Unterschied, dass sich auch Gottschalk für die Antworten nicht wirklich zu interessieren scheint, Kerner aber wenigstens wartet, bis seine Gäste ihre belanglosen Gesprächsparts beendet haben.

Eigentlich ist „Gottschalk & Friends“ wie „Wetten, dass...?“ ohne Wetten und dass. Stattdessen quetschen sich Leute wie Mike Krüger oder Gottschalks Schwester auf zwei Couchs, die von der Produktionsfirma „Angenehme Unterhaltung“ (also von Gottschalks Manager, Freund und Vertrautem Antonio Geissler) einander gegenüber aufgestellt wurden. Dann labert Gottschalk von alten Zeiten, erteilt gelegentlich das Wort, entzieht es wieder. Wenn’s hoch kommt, sagt Nena trotzdem noch zu Ingolf Lück: „Gib’s doch zu, du findest mich doch total beschissen!“ Überhaupt wirkten nicht nur die beiden verdächtig stimuliert und aufgeputscht, aber Gottschalk mahnte: „Keine Witze über Nasen!“ Schade.

CHRISTOPH SCHULTHEIS