Linkspartei in der Krise: Nachwuchs an die Macht

Die Linkspartei liegt am Boden. Was sie nun braucht, ist eine personelle Neuaufstellung. Heißt: weniger alte Garde, mehr frische Gesichter.

Zwei Wimpel der Linken stehen in einem Glas während eines Parteitages

Die Linkspartei braucht neue Leute – vor allem junge, mit Ambitionen Foto: Christian Ditsch

In der Gründungserklärung der Linkspartei fehlt ein entscheidender Satz: Wir wollen regieren. Man kann den Machtanspruch mit viel gutem Willen allenfalls herauslesen, wenn dort „Gestaltungsanspruch“ steht oder dass man um „Mehrheiten werben wolle“.

Seit 2007 hat sich das ein oder andere getan, einzelne Linke stellen ganz klar den Machtanspruch, andere – wie Bodo Ramelow – regieren auf Landesebene. Aber Macht ist ein schmutziges Wort in weiten Teilen der Linken. Auch in der Linkspartei. Und Macht bekommt in einer Demokratie nur, wer sie möchte und bereit ist, dafür glaubhaft Verantwortung zu übernehmen.

Dass die Linke als Teil einer Bundesregierung Verantwortung übernehmen kann, haben ihr in Deutschland zur Bundestagswahl 2021 nur 2,3 Millionen Menschen zugetraut. Zu realitätsfern die außenpolitischen Positionen, zu zerfurcht das Personal. 2,3 Millionen haben die Partei immerhin gewählt – aber womöglich auch nur aus Prinzip.

Immer wieder war in den letzten Tagen zu hören, auch von der Partei selbst, dass es die Linke brauche – als Opposition links der SPD. Aber das ist zu wenig. Jede andere Partei im Bundestag stellt klar den Regierungsanspruch – und hat deshalb auch mehr Stimmen bekommen. Wer soll eine Partei wählen, der man den Regierungswillen auf Bundesebene gar nicht abnimmt?

Der Linkspartei täten neue Führungspersonen gut, die genau das wollen: regieren. Die soziale Spaltung unserer Gesellschaft ist ja offenkundig. Es fehlt eine Partei, die die soziale Frage ins Zentrum ihrer Programmatik stellt und diese mit einer feministisch-intersektionalen Haltung beantwortet. Aber eine emanzipatorische Politik ist nicht glaubwürdig, wenn sie sich in der Außenpolitik nicht gegen Kriegsverbrecher wie Putin ausspricht. Die lautesten Stimmen der Linken sind vorläufig die von gestern.

Wenn jetzt neue Gesichter kommen, wie sich das Hennig-Wellsow wünscht, dann sollte sie sich auch wünschen, dass die Alt- oder Mittelaltlinken der Partei diese auch akzeptieren. Hinter jedem Nachwuchstalent steht ein nörgelnder Genosse, der sein Besserwissen kundtut und damit die Legitimität der Führung immer wieder infrage stellt. Das muss aufhören.

Gerade in linken Strukturen bekommen destruktive Kräfte mehr Raum als anderswo, denn hier wird Kritik hochgehalten. Manchen ist das eigene Rechtbehalten wichtiger als das gemeinsame Gestaltenwollen. Schon die Gründungserklärung der Linken beschäftigt sich vor allem mit internen Diskussionen. Die Partei muss jetzt ihre neuen, jungen Mitglieder machen lassen. Und die Jungen müssen ernsthaft wollen.

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Stellvertretende Chefredakteurin der taz seit April 2016. Vorher Chefredakteurin des Missy Magazine. Aufgewachsen in Dresden. Schreibt über Kultur, Feminismus und Ostdeutschland. In der Chefredaktion verantwortlich für die digitalen Projekte der taz. Jahrgang 1985.

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