Russland pocht auf Zahlungen in Rubel: Wirtschaftskrieg um Gas

Russland will für den Rohstoff nur noch Rubel als Zahlungsmittel akzeptieren. Der Westen sollte das hinnehmen – alles andere hätte fatale Folgen.

Wladimir Putin sitzt an einem Schreibtisch und schaut auf einen großen Bildschirm, der eine Videokonferenz zeigt

Wladimir Putin in seiner Residenz Nowo-Ogarjowo außerhalb von Moskau am 31. März Foto: Mikhail Klimentyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Die nächste Eskalationsstufe ist erreicht. Der russische Präsident Putin hat verfügt, dass der Westen seine Gasimporte in Rubel zu zahlen hat. Und zwar sofort, ab dem 1. April. Diese Ankündigung klingt nach totalem Wirtschaftskrieg, allerdings ist etwas unklar, was genau gemeint ist. In Berlin glaubt man nämlich, dass der Westen weiterhin in Euro zahlen darf. Das kann stimmen, muss aber nicht.

Inmitten dieses Wirrwarrs wird jedenfalls deutlich, dass es ein strategischer Fehler war, dass sich die G7-Staaten kürzlich darauf festgelegt haben, dass sie nur in Dollar oder Euro zahlen wollen. Dieses Ultimatum sollte wie ein Zeichen der Stärke wirken, aber diese Stärke gibt es nicht. Europa braucht die russische Energie; in Deutschland macht sie 50 Prozent der Importe aus. Umgekehrt benötigt Putin die westlichen Devisen nicht, um seinen Krieg zu führen, denn bei Nahrungsmitteln, Energie und Waffen ist Russland autark.

Es wäre daher besser gewesen, sich flexibel zu zeigen und im Zweifel auch in Rubel zu zahlen, solange Putin keine Fantasiepreise für seine Währung verlangt. Es wäre zwar ein Propagandaerfolg für den russischen Präsidenten, wenn Rubel aus dem Westen rollen – aber im realen Krieg würde ihm das nicht weiterhelfen.

Seine Armee ist weiterhin zu schwach, um die ganze Ukraine zu besetzen. Außerdem bleibt die Offensive so astronomisch teuer, dass die Inflation in Russland außer Kontrolle gerät. Daran ändert sich nichts, wenn der Westen in Rubel zahlt.

Sollte Putin auf Rubel bestehen, wäre es katastrophal, wenn der Westen auf stur schaltet und bald kein Gas mehr fließt. Teile der deutschen Industrie könnten nicht mehr produzieren, die Arbeitslosigkeit würde stark steigen. Zugleich würde Energie viel teurer, sodass die Inflation auf über 10 Prozent springen dürfte.

Zudem darf man nicht nur im Tunnelblick auf Deutschland starren. Schwächere EU-Staaten wie Italien wären noch viel härter getroffen, weil sie höhere Energiekosten nicht stemmen können. Gleiches gilt für den globalen Süden: Wenn kein Gas mehr fließt, werden auch die Ölpreise steigen, weil Europa versuchen wird, wenigstens zum Teil auf andere ­Energiequellen umzusteigen. Arme Länder wie Kenia oder Libanon können sich dann die Ölimporte nicht mehr leisten, von denen sie aber abhängen.

Es wäre zwar peinlich, aber man kann nur hoffen, dass der Westen einknickt, falls dies nötig wird. Um es zu wiederholen: Putin finanziert seinen Krieg nicht mit westlichen Devisen. Die Offensive in der Ukraine wird aus dem armen Russland ein noch ärmeres machen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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