Umstrittene Gazprom-Stiftung: Manuela Schwesig unter Druck

Rücktrittsforderungen gegenüber Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin werden lauter. Hat sich ihr Kabinett instrumentalisieren lassen?

Schwesig mit Schutzhelm auf der Baustelle Nord Stream 2

Manuela Schwesig: 2020 noch strahlend für Nord Stream 2 Foto: imago

BERLIN taz | Nachdem Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) am Montag ihr Amt zur Verfügung gestellt hatte, keimt eine zweite Rücktrittsdebatte in Deutschland auf – die sich, wie es der Zufall will, um eine von Spiegels Vor­gän­ge­r:in­nen dreht. Manuela Schwesig (SPD), mittlerweile Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin in zweiter Amtszeit, steht erneut wegen der Anfang 2021 gegründeten Landesstiftung Klima- und Umweltschutz MV unter Druck.

Interne Unterlagen aus ihrer Staatskanzlei, über die Die Welt berichtete, zeigen: Die Landesregierung handelte in sehr enger Abstimmung mit dem russischen Staatskonzern Gazprom, der so die Fertigstellung der Gas-Pipeline Nord Stream 2 sicherstellen wollte, und richtete Stiftungszweck sowie öffentliche Kommunikation genau nach dessen Wünschen aus.

„Nach den jüngsten Enthüllungen bin ich einfach der Meinung, dass sie die politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten sollte“, sagte Moritz Harrer, Vizechef der FDP in Mecklenburg-Vorpommern, der taz. Das sei zwar noch keine offizielle Parteiposition, der Eindruck habe sich aber auch noch bei einigen anderen Funktionsträgern erhärtet, fuhr er fort. „Es wurde so viel Vertrauen zerstört, das fällt auch auf das ganze Bundesland zurück.“

Mit Theresia Crone sieht das auch eine der lautesten Stimmen für Klimaschutz in Mecklenburg-Vorpommern so. Die Fridays-for-Future-Aktivistin aus Schwerin, die zeitweise Vorsitzende des mecklenburgischen Klima- und Nachhaltigkeitsrats war, kritisiert die Stiftung schon lange. „Bereits im Januar 2021 war klar, dass die Klimastiftung eine Mogelpackung ist“, schrieb sie auf Twitter. „Mittlerweile wissen wir auch, was in der Packung eigentlich war: Die Landesregierung hat sich an den russischen Staatskonzern Gazprom verkauft. Die verantwortlichen Personen müssen zurücktreten.“

Untersuchungsausschuss schon beschlossen

Indes arbeitet Mario Czaja, Generalsekretär der CDU, bereits an einem Spin, der seine Partei aus dem Scheinwerferlicht zieht. Die regierte schließlich zur Zeit der Stiftungsgründung gemeinsam mit Schwesigs SPD in Mecklenburg-Vorpommern. Czaja sieht das Ganze nicht als Problem der Landesregierung, sondern der SPD. Er forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (ebenfalls SPD) in der Welt zur Aufklärung des Falls auf. „Eine Ministerpräsidentin kann nicht gleichzeitig Putin-Lobbyistin sein“, sagte er.

Etwas vorsichtiger drückt sich Sascha Müller-Kraenner aus, Chef der Deutschen Umwelthilfe. „Frau Schwesig muss natürlich selber wissen, ob sie diese Vorwürfe aufklären kann und ob das mit ihrem Amtsverständnis vereinbar ist“, sagte er der taz. „Es gibt eine ganz, ganz ungünstige Verquickung zwischen russischen Geschäftsinteressen und der Politik in Mecklenburg-Vorpommern“, findet er. „Das gehört sich in der Demokratie eigentlich nicht.“

Auch die Umwelthilfe gehört zu denen, die schon von Anfang an von einer „Fake-Stiftung“ sprechen, die russische Wirtschaftsinteressen unter dem Deckmantel des Klimaschutzes forciere. Im Mai 2021 hatten die Um­welt­schüt­ze­r:in­nen sogar Klage beim Verwaltungsgericht Schwerin eingereicht. Für sie liegt ein Missbrauch des Stiftungsrechts vor. Die Landesregierung hatte daraufhin einen Antrag gestellt, um die Klage der DUH abweisen zu lassen. Das Verfahren ist noch offen.

Die aktuellen Enthüllungen beschleunigen eine Debatte, die wohl auch sonst nicht mehr lange ausgeblieben wäre. Längst war bekannt, dass die Gazprom-Tochter Nord Stream 2 das millionenschwere Gründungsvolumen für die Stiftung gestellt hat. Außerdem ist die Fertigstellung der zweiten Ostsee-Pipeline sogar offiziell einer der Stiftungszwecke.

Am vergangenen Freitag beschloss die Opposition aus CDU, FDP und Grünen im mecklenburgischen Landtag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der noch mehr Licht ins schon nicht mehr so ganz Dunkle bringen soll.

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