Waffenlieferungen an die Ukraine: In deutschem Interesse

Deutschland hat mit seiner Russlandpolitik Schiffbruch erlitten. Mit den Waffenlieferungen an die Ukraine kann Berlin wieder Vertrauen aufbauen.

Ein Panzer steht in einer sommerlichen Landschaft

Flugabwehrpanzer Gepard der Bundeswehr Foto: Sven Eckelkamp/imago

Deutschland hat sich mit der Zustimmung des Parlaments zur Lieferung schwerer Waffen hinter die Ukraine gestellt. Mindestens drei Gründe sprechen für diesen Schritt.

Erstens findet in der Ukraine ein Weltordnungskrieg statt, in dem Russland für eine imperiale Welt kämpft, in der nur wenige Großmächte souverän sind. Dabei ist Putin ein autokratischer Determinist, bei dem Geschichte und Geografie über Einflusssphären entscheiden, in denen Interventionsverbote für raumfremde Mächte gelten.

Zweitens liegt die Lieferung schwerer Waffen im deutschen Interesse. Berlin hat mit dem russischen Überfall auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 mit seiner Russlandpolitik einen Schiffbruch erlitten, der über Jahre fortwirken wird. Viele Mittel- und Osteuropäer sehen in Deutschland einen egoistischen Akteur, der eine krude materialistische Politik mit der Rhetorik eines moralisch überlegenen Reserve-Christus kombiniert.

Infolgedessen hat sich der deutsche Gestaltungsspielraum in Europa verringert. Polen oder das Baltikum könnten sich dazu veranlasst sehen, ihre Sicherheitsgarantien direkter mit den USA oder Großbritannien, abseits von Nato und EU, abzusprechen.

Berlin kann dem entgegenwirken, indem es die Verteidigungsfähigkeit der Ostflanke des Bündnisses stärkt. Eine enge Abstimmung mit Litauen, das für seine werteorientierte Außenpolitik von Belarus bis Taiwan hohe Kosten trägt, hätte dabei eine Signalwirkung über Europa hinaus.

Drittens sind weitere Eskalationen im Ukrainekrieg nicht auszuschließen. Russische Diskurse, in denen der Krieg als metaphysisches Aufeinanderprallen der Kräfte des Guten und des Bösen gefochten werden muss, deuten in diese Richtung. Gleiches gilt für Stimmen, nach denen der Krieg mit noch weniger Beschränkungen geführt werden muss.

Die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ist daher richtig. Sie ist keine Abkehr von der Tradition eines aufgeklärten und historisch lernenden Landes, sondern ihre Konsequenz.

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ist Referent für Sicherheitspolitik am Institut für internationale Politik und Wirtschaft Haus Rissen in Hamburg

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