Abschuss von Wölfen in Niedersachsen: Zäune bauen statt Wölfe jagen

Ein Gericht hat die Abschussgenehmigungen für Wölfe in Niedersachsen kassiert. Das ist richtig, wenn die Alternative auf der Hand liegt: Zäune.

Ein Jäger im Hochsitz hat sein Gewehr angelegt

Welcher Wolf dem Jäger vor die Flinte kommt: Zufall Foto: Patrick Pleul/dpa

Es gibt eine Karte im Netz, die wirkt wie der Speiseplan niedersächsischer Wölfe. Das Umweltministerium listet dort alle Nutztierrisse auf. 2021 ließen sich die rund 35 Rudel vor allem grüne Vierecke schmecken. Die stehen für Schafe. Aber sie griffen auch Pferde, Rinder und Gatterwild an – wobei man Wölfe spätestens bei letzteren von jeglicher Schuld freisprechen muss. Wie soll ein Wolf unterscheiden, dass ein Reh, das vor dem Zaun steht, eine akzeptable Nahrungsquelle ist, der Damhirsch hinter dem Zaun aber nicht?

Überhaupt, Fehlverhalten, was bedeutet das eigentlich in Bezug auf den Wolf? Die Tiere erlegen immer die einfachste Jagdbeute. In der Natur sind das oft ältere und kranke Tiere. Sie tragen damit zu einem Gleichgewicht im Ökosystem bei. Noch leichtere Beute sind für sie allerdings schlecht geschützte Nutztiere.

Umweltverbände wie der Nabu fordern Land­wir­t:in­nen seit Jahren dazu auf, ihre Tiere mit wolfsabweisenden Zäunen zu schützen. Sie helfen sogar beim Aufbau. Und Geld gibt es dafür auch vom Land. Trotzdem wehrt sich die Lobby der Tier­hal­te­r:in­nen gegen die Ausbreitung des Wolfes. Das geht so weit, dass alte Märchen vom bösen Wolf, der Kinder frisst, wieder aufgewärmt werden. Und Niedersachsens Umweltministerium beugt sich dieser Stimmung.

Minister Olaf Lies (SPD) hat einen schnellen Finger am Abzug. Ausnahmegenehmigung um Ausnahmegenehmigung erteilt er, obwohl die Jagd auf Wölfe unsinnig ist. Für die Jä­ge­r:in­nen ist es unmöglich zu erkennen, ob sie den richtigen Wolf im Visier haben. Es gilt: Erst schießen, dann per DNA-Test überprüfen. Nutztierjäger erwischt man so nur durch Zufall.

Egal welches Tier vor die Flinte kommt

Kollateralschäden sind in der Strategie des Ministeriums aber schon eingepreist. Die Ausnahmegenehmigungen, die das Verwaltungsgericht Oldenburg nun kassiert hat, waren auf nicht näher bestimmte Tiere zweier Rudel ausgestellt. Im Prinzip ist es dem Minister also egal, welches Tier aus den als Problem wahrgenommenen Rudeln stirbt. Hauptsache, man sendet ein Zeichen der Stärke. Dass der Abschuss etwas an den Nutztierrissen in den Regionen ändern würde, ist aber zweifelhaft.

Wölfe erlegen die einfachste Jagdbeute. In der Natur sind das ältere und kranke Tiere. Noch leichtere Beute sind schlecht geschützte Nutztiere

Dabei geht es gar nicht darum, Abschüsse zu verteufeln. Wenn aber die Alternative so einfach ist, gibt es dafür keinen Grund. Braucht es also eine Pflicht zum Zaunbau? Vielleicht ist nur eine weitere Unterstützung für Tier­hal­te­r:in­nen nötig. Denn gute Zäune wirken, das zeigen Naturschutzprojekte. Und wenn erst einmal die Bilder von ausgebluteten Schafen seltener werden, wird sich auch die Stimmung gegenüber dem Wolf ändern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

War bis Dezember 2022 Redaktionsleiterin der taz nord. Davor Niedersachsen Korrespondentin der taz. Schwerpunkte sind Themen wie Asyl und Integration, Landwirtschaft und Tierschutz.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.