Aufhebung der Quarantänepflicht: Prinzip Durchseuchung

Nach mehr als zwei Jahren Pandemie entfällt zum 1. Mai die Quarantänepflicht. Dabei widerspricht sich Lauterbach in seinen eigenen Aussagen.

Ein Krankenwagen rast durch eine Straße

Die Überlastung des Gesundheitswesens ist mit der Aufhebung der Quarantänepflicht vorprogrammiert Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BERLIN taz | Wer coronapositiv ist oder Kontakt zu einer infizierten Person hatte, muss sich ab dem 1. Mai nicht mehr isolieren. Darauf haben sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und seine Kol­le­g:in­nen aus den Bundesländern am Montag verständigt. Nach dem Wegfall der bundesweiten Maskenpflicht entfällt somit nun auch die Quarantänepflicht.

Die neue Regelung geht auf einen Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums sowie des Robert-Koch-Instituts zurück. Infizierte müssen sich demnach nur noch freiwillig und kürzer als bislang in häusliche Isolation begeben.

Von dieser Regelung ausgenommen sind Menschen, die in Pflegeberufen und medizinischen Einrichtungen tätig sind. Für alle anderen gelte nur noch „die dringende Empfehlung“, sich zu isolieren und gegebenenfalls nach fünf Tagen wieder freizutesten.

Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Petra Grimm-Benne (SPD), erklärte, dass der Strategiewechsel für die Bevölkerung vertretbar sei. Es komme nun „mehr als zuvor auf die Eigenverantwortung jedes Einzelnen an, sich selbst und andere vor einer Ansteckung zu schützen“.

Infizierte ohne Maske im Supermarkt

Die Regelung gilt sowohl für Infizierte mit als auch ohne Symptome und soll massenhafte Personalausfälle bei hohen Infektionszahlen vermeiden. Die Umsetzung sollen die Bundesländer übernehmen. Auch Karl Lauterbach zeigt sich optimistisch: „Die jetzige Regelung funktioniert zwar, ist aber dauerhaft nicht notwendig“, schließlich gingen die Fallzahlen zurück und der Wendepunkt scheine erreicht zu sein.

Allerdings widerspricht sich der Bundesgesundheitsminister selbst mit dieser Aussage. Denn gleichzeitig erklärt er, dass das Land noch nicht in einer Situation sei, in der man entwarnen könne. Ferner hatte Lauterbach noch vor wenigen Tagen zur Vorsicht aufgerufen und wurde mit dem Satz zitiert, dass das Infektionsrisiko selten höher gewesen sei. Täglich 200 Coronatote, das sei wie ein „Flugzeugabsturz jeden Tag“.

Dunkelziffer vermutlich höher

Auch die Akkreditierten Labore in der Medizin e.V. (ALM e.V.) mahnt zur Vorsicht: Das Infektionsgeschehen bewege sich nach wie vor auf einem hohen Niveau. Die ermittelte Positivrate von getesteten PCR-Tests liegt bei 52,6 Prozent. Gleichzeitig gehen Ex­per­t:in­nen des fachärztlichen Berufsverbandes von einer hohen Dunkelziffer von Infizierten aus. So seien in der 13. Kalenderwoche 350.000 Untersuchungen weniger in den Laboren durchgeführt worden als in der Woche zuvor. Damit ging auch die Zahl der positiven PCR-Tests um 21 Prozent zurück.

„Wir werden weiterhin auf unsere älteren Mitmenschen sowie auf Menschen mit Behinderungen und Vor­erkrankungen zu achten haben“, betonte der ALM-Vorsitzende Michael Müller. Genau das aber funktioniere mit Isolation auf freiwilliger Basis nicht, kritisiert Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Die Situation der Hochrisikogruppen werde immer gefährlicher.

Auch der Epidemiologie Hajo Zeeb forderte, die Isolationspflicht für infizierte Menschen beizubehalten. Es bestehe zudem noch die Gefahr, dass das Virus im Herbst mutiert.

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