Klimaschutz oder Greenwashing?: Hamburg Airport jetzt klimaneutral

Der Hamburger Flughafen hat sich Klimaneutralität bescheinigen lassen. Das gilt jedoch nur für den Betrieb am Boden und nicht für den Flugverkehr.

zwei Fluggastbrücken mit Solarzuellen, dazwischen ein Flugzeug am Himmel

Beitrag zum Klimaschutz: Fluggastbrücken mit Solarpaneels Foto: Marcus Brandt/dpa

HAMBURG taz | Der Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel wirtschaftet als erster großer Verkehrsflughafen in Deutschland CO2-frei. Ein entsprechendes Zertifikat hat ihm jetzt der europäische Flughafenverband Airports Council International ausgestellt. Umweltschützer weisen allerdings darauf hin, dass der Betrieb von Flughäfen das geringere Problem für das Weltklima sei. Hauptpro­blem sei das Fliegen an sich.

Der Hamburger Airport hat es nach eigenen Angaben geschafft, seinen Kohlendioxidausstoß seit 2009 um 80 Prozent zu drücken: von 40.000 auf 8.700 Tonnen im Jahr. Um das hinzukriegen, betreibt er ein eigenes Blockheizkraftwerk, das 70 Prozent der Wärme und 30 Prozent des benötigten Stroms liefert. Die Raumluft wird je nach Jahreszeit vorgewärmt oder vorgekühlt, indem sie durch das Erdreich unter dem Flughafen geleitet wird.

Der Flughafen arbeitet mit Ökostrom, hat seine Beleuchtung auf stark stromsparende LEDs umgestellt, betreibt Fahrzeuge mit Ökostrom und Wasserstoff sowie die Fahrgastbrücken mit Solarzellen. Als CO2-Fresser hat er einen Wald von 750 Hektar Größe angelegt. Und weil das immer noch nicht reicht, um auf null zu kommen, kauft er für die letzten 20 Prozent Ausgleichszertifikate aus dem internationalen Emissionshandel.

Der Naturschutzbund (Nabu) anerkennt diese Anstrengungen. „Dass Flugzeuge beispielsweise ihre Turbinen ausstellen und am Boden mit grünem Strom versorgt werden, hat Vorbildcharakter“, lobt der Landesvorsitzende Malte Siegert. Es dürfe aber in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entstehen, dass Fliegen kein Problem mehr sei, nur weil der Flughafen selbst klimaneutral operiere.

Der Umweltverband BUND bezeichnete das Zertifikat als „riesige Mogelpackung, ein Greenwashing, wie es perfider kaum geht“. Und die Fluglärmgegner aus der Nachbarschaft, der Initiativkreis Klima- und Fluglärmschutz und die Arbeitsgruppe Luftverkehr, kritisierten die Präsentation des Zertifikats, zu der der Finanz- und der Wirtschaftssenator kamen, als „Showveranstaltung, die in keiner Weise der Klimakrise gerecht wird“.

Die Fluglärmbetroffenen weisen darauf hin, dass der Flugverkehr in Hamburg ein Vielfaches der Emissionen verursacht, die der Flughafenbetrieb am Boden emittiert. Dabei muss jede Tonne CO2 wegen der besonderen Effekte des Luftverkehrs dreifach gewertet werden, die Maßeinheit dafür sind „CO2-Äquivalente“.

Dem Statistikamt Nord zufolge hat der Luftverkehr Hamburg im Vor-Corona-Jahr 2019 insgesamt 1,1 Millionen Tonnen CO2 emittiert, zu denen aber auch der Flugverkehr des Airbus-Werks beiträgt. Der Hamburger Flughafen sei 2019 global für mehr als 2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich, rechnet der BUND vor.

Die Flughäfen dagegen haben ihr eigenes Rechensystem und weisen sich nur den CO2-Ausstoß bei Starts und Landungen zu. Fuhlsbüttel kam nach dieser Rechnung auf gut 120.000 Tonnen.

Für Malte Siegert vom Nabu ist jedenfalls klar, dass es darum gehen muss, die Zahl der Flüge zu reduzieren. Es sei „absolut unvereinbar mit den klimapolitischen Zielen des Senats, auf ein Wachstum am Flughafen zu setzen, an dem die Stadt beteiligt ist“. Politisches Ziel müsse es sein, auf die Schiene umzusteigen.

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