Streit um Hauptversammlungen: Kritik an Buschmann

Der FDP-Justizminister will virtuelle Hauptversammlungen auch regulär ermöglichen. Dagegen regt sich nun Widerstand.

Leere Stühle in einer großen Halle.

Ak­tio­närs­ver­tre­te­r:in­nen befürchten eine anhaltende Beschneidung von Aktionärsrechten Foto: Martin Schutt/dpa

KÖLN taz | Corona hat auch für Ak­tio­nä­r:in­nen einiges geändert. Hauptversammlungen finden dank einer Ausnahmeregelung vor allem digital statt. Mit einem Gesetzentwurf sollen digitale Hauptversammlungen nun dauerhaft ins Aktiengesetz gelangen. Von Verbänden wie den Kritischen Aktionären und dem DGB hagelt es Kritik. Sie warnen vor Hauptversammlungen „zweiter Klasse“.

Gemäß dem Entwurf bleibt Präsenz zwar wichtig. Doch mit einer Dreiviertelmehrheit soll die Hauptversammlung für fünf Jahre rein virtuelle Versammlungen beschließen können. Bei diesen Veranstaltungen darf der Vorstand bis zu vier Tage vorab Fragen absegnen oder ablehnen. Nachfragen ohne „sachlichen Zusammenhang“ soll der Vorstand zudem unterbinden können. Die Beweislast bei technischen Problemen liegt bei Ak­tio­nä­r:in­nen.

Bisher gilt pandemiebedingt eine Sonderregelung für virtuelle Hauptversammlungen. Der Bundestag hatte sie zuletzt bis Ende August 2022 verlängert. Konzerne und Ak­tio­nä­r:in­nen verlangen nun Rechtssicherheit. Zu den digitalen Hauptversammlungen heißt es vom FDP-geführten Justizministerium: „Das Format […] wurde von der Praxis gut angenommen und hat sich im Großen und Ganzen bewährt.“ Das sieht der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ähnlich. Die Kritischen Ak­tio­nä­r:in­nen hingegen monierten bereits vergangenes Jahr, dass eine digitale Hauptversammlung Rederecht einschränke. Ak­tio­nä­r:in­nen müssten Fragen häufig vorab einsenden.

„Darunter leidet die Aktio­nä­r:in­nen­de­mo­kra­tie“, sagt Tilman Massa von den Kritischen Ak­tio­nä­r:in­nen. Der DGB kritisiert, der Entwurf erschwere den Dialog wichtiger Stakeholder mit dem Unternehmen. Der Gewerkschaftsbund vermutet zudem, dass das Online-Format vielen Konzernen schlicht Kosten spare. Der Entwurf widerspreche zudem dem Koalitionsvertrag. Darin heißt es, die Ampelkoalition ermögliche Online-Hauptversammlungen dauerhaft und wolle die Aktionärsrechte dabei „uneingeschränkt wahren“.

Das sei auch dringend nötig, wie Massa von den Kritischen Ak­tio­nä­r:in­nen fordert: Langfristig dürfe die Hauptversammlung nicht nur über Dividenden entscheiden oder den Aufsichtsrat entlasten. Wie etwa in Großbritannien brauche sie mehr inhaltliche Macht. Abstimmungen, inwieweit Strategien den Pariser Klimazielen entsprechen oder ob Konzerne weiter in Kohle investieren. Doch mit dem aktuellen Entwurf schwäche man die Aktionär:innen.

Im April soll das Bundeskabinett über den Entwurf des Justizministeriums beraten. Der Bundestag könnte dann noch im Sommer, bevor die aktuelle Ausnahmereglung abläuft, über das geänderte Aktiengesetz abstimmen. Die Telekom hat unterdessen angekündigt, ihre Hauptversammlung am 7. April wieder vor Ort in Bonn abzuhalten. Konzerne wie Bayer oder BASF zögern noch.

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