Bohrungen in Naturschutzgebiet: Gips im Karst

Im Südharz könnten bald Probebohrungen für den Gipsabbau durchgeführt werden. Die dortige Gipskarstlandschaft ist einzigartig.

Hinter einem kleinen Hof ragen weiße, von blattlosen Bäumen bewachsene Felsen auf.

Dass wie im Südharz auf Gips Bäume wachsen, ist europaweit einzigartig Foto: Swen Pförtner/dpa

BERLIN taz | Im Biosphärenreservat Südharz plant das Gipsunternehmen Knauf offenbar, Gips abzubauen. Das berichten Friedhart Knolle vom Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher und der BUND Sachsen-Anhalt. Die Firma befinde sich in Gesprächen mit dem Umweltministerium Sachsen-Anhalt, in denen es um neun Bohrungen zu je 60 Metern Tiefe gehe.

Der taz liegt eine Karte vor, auf der mögliche Explorationsbohrungsorte im Naturschutzgebiet verzeichnet sind. Das zuständige Ministerium bestätigte, dass Knauf erwägt, im Naturschutzgebiet Erkundungsbohrungen vorzunehmen. Knauf äußerte auf Anfrage der taz nur, dass kein dementsprechender Antrag gestellt worden sei.

Die aus Gips bestehende Karstlandschaft im Südharz liegt in Thüringen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Die Landschaft ist europaweit einmalig, weil der Gips bewaldet ist. Vom Bundesamt für Naturschutz wird er als „Hotspot der Artenvielfalt“ und als „größtes und bedeutendstes Gipskarstgebiet Mitteleuropas“ bewertet.

„Wenn wir ordentlich Wirbel machen, haben wir eine Chance, das aufzuhalten“, sagt Geologe Knolle. Christian Kunz vom BUND Sachsen-Anhalt forderte die zuständigen Behörden auf, die Gebiete zu schützen, und kündigte im Falle einer Genehmigung der Probebohrungen rechtliche Schritte an.

Gips ist ein wichtiger Baustoff, wird aber seltener

Mehr als die Hälfte der zehn Millionen Tonnen Gips, die in Deutschland jährlich verbraucht werden, fallen als Nebenprodukt bei der Kohleverbrennung in Kraftwerken als sogenannter REA-Gips an. Im Zuge des Kohleausstiegs muss er also entweder ersetzt oder der Gipsverbrauch reduziert werden.

Der Verband der Gipsindustrie hält den Rohstoff aber für unersetzbar im Bauwesen. Insbesondere bei der Nachverdichtung von Wohnraum in Ballungsgebieten sei Gips „nicht wirtschaftlich sinnvoll durch andere Baustoffe zu ersetzen“. Laut Koalitionsvertrag will die schwarz-rot-gelbe Landesregierung Sachsen-Anhalts die Gipslagerstätten des Landes sichern und eine umweltverträgliche Gewinnung ermöglichen. Der BUND hatte 2020 eine Studie vorgelegt, in der sie einen Weg zum Ausstieg aus Natur und REA-Gips bis 2045 weisen. Dafür müsse Gips recycelt, als Nebenprodukt der Chemieindustrie gewonnen und durch andere Bauweisen ersetzt werden.

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