Berichterstattung aus Russland: Rütteln und Schütteln

Die BBC sendet schon wieder aus Russland. Die deutschen Sender prüfen noch. Immerhin gibt die BBC ihre Bilder europaweit zur Nutzung frei.

Menschen vor dem Gebäude der BBC in London mit großem Schriftzug

Die BBC hat sich entschieden seit dem 08.02.2022 wieder aus Russland zu berichten Foto: Henry Nicholls/reuters

Das wird Herrn Putin nicht schmecken: Die BBC berichtet seit Dienstagabend wieder aus Russland. Eigentlich hatte die Mutter aller Öffentlich-Rechtlichen am Wochenende wie so ziemlich alle großen Sender zunächst die direkte Berichterstattung ausgesetzt. Schließlich drohen nach den neuen russischen Mediengesetzen bis zu 15 Jahre Haft für das Verbreiten von Falschmeldungen – zum Beispiel solcher Falschmeldungen wie der, dass Herr Putin gerade einen Angriffskrieg in der Ukraine führt.

„Wir haben die möglichen Folgen der neuen Vorschriften abgewogen“, heißt es jetzt aber bei der BBC, „mit der unabdingbaren Pflicht und Schuldigkeit, direkt aus Russland zu berichten“. Nach sorgfältiger Prüfung habe man entschieden, die englischsprachige Berichterstattung wieder aufzunehmen. Dennoch habe die Sicherheit der BBC-Mitarbeiter*innen in Russland weiterhin oberste Priorität.

Damit das Ganze auch richtig Wumms bekommt, stellt die BBC „Outside Source“ seit dieser Woche auch anderen Sendern kostenlos zur Verfügung. Das Hauptnachrichtenformat des Nachrichtenkanals BBC News können seither alle Mitglieder der European Broadcasting Union (EBU) übernehmen. Da im weit gefassten EBU-Europa so ziemlich alle von Algerien bis Zypern mit dabei sind, ist das eine gute Nachricht. Wie schön wäre es, wenn auch Russia 1 oder der staatliche Rundfunk in Belarus von dem Angebot Gebrauch machten. Dürfen dürften sie’s.

Wie aber halten es die deutschen Sender künftig mit Herrn Putin? Das ZDF hat „verschiedene Akkreditierungsanträge bei den russischen Behörden“ laufen, um wieder aus dem Land zu senden. Voraussetzung sei aber, „nicht für die Berichterstattung aufgrund des neuen Mediengesetzes strafrechtlich verfolgt zu werden“. Die ARD prüft noch die Folgen des Gesetzes. „Dafür nehmen wir uns die notwendige Zeit und setzen die Berichterstattung aus dem Studio Moskau weiterhin erst einmal aus“, sagt der zuständige WDR.

Ein Tabu weniger

Immerhin hat sich die ARD unlängst einen Ruck gegeben und das Unvermeidliche akzeptiert: tagesschau24 darf jetzt ein Nachrichtenkanal sein – bislang eine anstaltsübergreifende Tabuzone! Und das, obwohl man längst bei den „tagesthemen“ liest „mehr Informationen in der tagesschau App und im ARD-Nachrichtenkanal tagesschau24“.

„Aha, verkehrte Welt!“, folgert die Mitbewohnerin. „Der Kaiser behauptet, er sei nackt, obwohl er längst neue Kleider trägt?“ Den Phoenixen wird auch schon bange und die Privaten (n.tv, Welt24) bekommen bestimmt Schnappatmung. Aber keine Angst davor, dass die ARD wirklich mal ihre Stärken bündeln und nachrichtenmäßig loslegen könnte. Denn so ein Nachrichtenkanal, da kann die BBC ein Lied von singen, der kostet richtig Geld.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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