Räumung im Danneröder Forst: Noch kein Urteil gegen „Ella“

Im Gießener Prozess gegen die Aktivistin aus dem Danneröder Forst fordert die Anklage 2 Jahre und 4 Monate Haft.

Ein Polizist neber einer Person, die sich einen Ordner vors Gesicht hält.

Die Aktivistin Ella während des Berufungsprozesses in Gießen Foto: Nadine Weigel/dpa

FRANKFURT taz | „What happens to You?“ – Mit völligem Unverständnis hatte „Ella“ im November 2020 auf das harte Urteil des Alsfelder Amtsrichters reagiert: Zwei Jahre und drei Monate Haft wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. „Ella“, die ihre Identität nicht preisgibt und deshalb im Amtsdeutsch UWP1, unbekannte weibliche Person heißt, sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Ihr war vorgeworfen worden, sich mit Gewalt Polizeibeamten widersetzt zu haben, als die Siedlung „Nirgendwo“ im Dannenröder Forst mit einem Polizeieinsatz gewaltsam geräumt wurde. Am Mittwoch sollte der Berufungsprozess vor dem Landgericht Gießen zu Ende gehen, doch bis Redaktionsschluss lag kein Urteil vor. Bis zuletzt liefern sich in diesem Verfahren Staatsanwaltschaft und Verteidigung vor Gericht heftige Wortgefechte. Nach Überzeugung der Strafverteidigerin Waltraud Verleih ist die Anklage nicht mehr zu halten. Die Hauptbelastungszeugen aus dem ersten Verfahren, zwei Polizeibeamte, hatten ihre Aussagen teilweise korrigieren müssen, nachdem Videos, die vor allem die Polizei selbst aufgenommen hatte, wesentliche Vorwürfe entkräften konnten.

Zum einen habe „Ella“ dem Beamten nicht gezielt gegen den Kopf getreten; außerdem sei er, anders als behauptet, mit Seilen gesichert gewesen, Todesgefahr habe es für die Beamten zu keinem Zeitpunkt gegeben, so die Verteidigung. Zuletzt hatte die Anwältin sogar einen Befangenheitsantrag gegen den Gießener Berufungsrichter gestellt. Er hatte es abgelehnt, den Haftbefehl aufzuheben, und folgte damit nicht der Argumentation, nach Lage der Dinge sei die weitere Untersuchungshaft nicht mehr zu rechtfertigen.

Ella sitzt seit 18 Monaten in Haft. Weil sie ihre Identität nicht preisgibt, bejahte das Gericht weiterhin Fluchtgefahr. Der Befangenheitsantrag gegen den Richter ist abgelehnt. Für Mittwoch standen die Plädoyers der Prozessbeteiligten auf dem Programm, neue Argumente waren dabei nicht zu erwarten. Die Verteidigung erwartet vom Berufungsurteil die sofortige Freilassung „Ellas“. Selbst wenn sie zu einer Haftstrafe verurteilt werden würde, sei diese durch die Untersuchungshaft bereits verbüßt. Die Anklagebehörde erreichte die Fortdauer der U-Haft und fordert eine Haftstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten. Der Prozess wird im April fortgesetzt.

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