Nach Sanktionen gegen Russland: Rubel werden Ramsch

Die Sanktionen treffen Russlands Finanzsystem schwer. Der Rubel verliert massiv an Wert. Ökonomen warnen: Die Wirtschaft wird abschmieren.

Schlange vor einem Eingang zu einem Gebäude.

Schlange vor einem Geldautomaten in Moskau, 27. Februar Foto: Victor Berzkin/ap

BERLIN taz | Russlands Führung beteuert, sie sei vorbereitet gewesen. Und sie habe einen Plan zum Umgang mit Sanktionen, der Russlands Wirtschaft und Finanzsystem stabilisieren werde. Diesen Eindruck machten die Bilder am Montag aber nicht.

Vor vielen russischen Bankautomaten bildeten sich lange Schlangen, Bankfilialen mussten schließen, weil sie dem Ansturm der Kundschaft nicht gewachsen waren. An den Finanzmarktplätzen weltweit kam es zu Panikverkäufen russischer Staatsanleihen. Das konnte auch die Zentralbank in Moskau nicht aufhalten, die am Montag den Leitzins von 9,5 auf 20 Prozent erhöhte, „um die Finanz- und Preisstabilität zu unterstützen und die Ersparnisse der Bürger vor Wertverlusten zu schützen“, wie es zur Begründung hieß.

Die EU-Länder hatten in der Nacht zu Montag die im Gesamtpaket schärfsten Sanktionen der jüngeren Wirtschaftsgeschichte verhängt. In der EU sind sämtliche Vermögenswerte der russischen Zentralbank seitdem eingefroren. Und weil auch die USA, Großbritannien und Japan sich dieser Maßnahme anschlossen, dürfte ein Großteil der Devisenreserven Moskaus im Wert von 630 Milliarden US-Dollar, auf die Putin zuletzt so stolz war, nun de facto blockiert sein.

„Unsere Strategie ist es, dafür zu sorgen, dass die russische Wirtschaft sich zurückentwickelt“, sagte ein Sprecher der US-Regierung. Die Großbank JPMorgan geht davon aus, dass Russlands Wirtschaft im zweiten Quartal um 20 Prozent schrumpfen wird.

Selbst Schweiz friert Vermögen ein

Selbst die Schweiz und Singapur schließen sich den Sanktionen an. Die Vermögen von gelisteten Personen und Unternehmen, darunter die des russischen Präsidenten Wladimir Putin, von Ministerpräsident Michail Mischustin und Außenminister Sergei Lawrow, würden mit sofortiger Wirkung eingefroren, heißt es aus Bern. Das ist eine Besonderheit: Mit Verweis auf die traditionelle Neutralität hatte die Schweiz sich bislang geweigert, Sanktionen gegen ein Land zu ergreifen. Viele Oligarchen haben ihr Vermögen daher in der Schweiz gebunkert.

Um den Rubel zu stabilisieren und die Inflation zu bremsen, forderte die russische Zentralbank die heimischen Unternehmen auf, 80 Prozent ihrer Deviseneinnahmen zu verkaufen. Zudem wiesen sie Börsenmakler an, die Ausführung von Aufträgen zum Verkauf russischer Wertpapiere einzustellen. Das solle weitere Panikverkäufe verhindern. Die Moskauer Börse blieb den ganzen Montag über geschlossen.

Ökonomen zweifeln, ob die Maßnahmen der russischen Zentralbank ausreichen. „Der Rubel hat mit den umfassenden Sanktionen aufgehört, eine frei konvertible Währung zu sein“, sagt Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Zwar könne das Land mit Hilfe kooperationsbereiter Länder und alternativer Zahlungssysteme in eingeschränktem Ausmaß internationale Transaktionen aufrechterhalten.

„Aber die Menschen, die jetzt vor den Geldautomaten Schlange stehen, wissen, dass der Rubel nicht mehr länger eine werthaltige und international einsetzbare Währung ist“, so Heinemann. „Russland-Aktiva und der Rubel sind an den Finanzmärkten mit dem russischen Überfall auf die Ukraine schlagartig zu Ramsch geworden.“

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