Auf Besuch bei Freunden
: Gästelistenkapazität

Sie lassen sich zum Hallosagen einladen

Früher Samstagabend vor dem Lido am Schlesischen Tor – der Wind bläst einem um die Ohren, noch wenig los um diese Zeit. Ein allein rumstehendes Mädchen tritt von einem Bein aufs andere. Sie sieht auf ihr Handy, zur Eingangstür des Lido, dann wieder auf das Display. Endlich öffnet sich die Tür. Ein blonder junger Mann tritt heraus. Die beiden begrüßen einander herzlich, tauschen sich kurz über ihr Befinden aus, und weil es draußen so unwirtlich ist, drängt sie bald: „May I come in?“

Immerhin, sie darf. Eine Freundin wollte eigentlich auch noch mitkommen, aber die hat es nicht mehr rechtzeitig geschafft. Zumindest nicht auf die Gästeliste. Denn die ist an diesem Konzertabend gerammelt voll. Ich weiß das, weil ich nicht mehr raufdurfte. Dabei hätte ich tatsächlich neben dem privaten ein berufliches Interesse anzugeben gehabt. Für die Voranmeldung also bin ich zu spät, für das eigentliche Ereignis aber noch zu früh dran. Bleibt Zeit für eine Unterhaltung mit dem Tourmanager, der auf die Gästelistenfrage mit einer Mischung aus Schulterzucken, Augenrollen und Seufzen reagiert. Wenn die isländische Band Múm auf dem Festland ein Konzert spielt, dann ist der Laden nun mal voll. Nicht nur in Berlin, sondern auch im Rest Europas.

Berlinspezifisch ist aber, dass sich hier – neben dem zahlenden Konzertpublikum und den akkreditierten Journalisten – jede Menge Freunde der Musiker zum Vorbeischauen und Hallosagen einladen lassen.

Kein Wunder, denn jeder, der sich der Kreativszene verbunden fühlt, kennt jemanden, der in Berlin lebt. Nirgendwo in Europa werden Múm demnach mehr Freunde aus der Heimat antreffen als hier. Es fügt sich also nur zu gut zum renommierten Ausgehimage der Stadt, wenn es das nächste Mal in Richtung nicht zahlendes Publikum heißt: No more guests, please!

SARAH BRUGNER