„Bedürfnis nach Emotionen“

Jugendliche entwickeln Ideen für den Lohseplatz

■ 43, Historiker, Leiter des Studienzentrums der KZ Gedenkstätte Neuengamme, hat das Beteiligungsprojekt geleitet.

taz: Herr von Wrochem, wie erinnern sich Jugendliche an etwas, das sie nicht erlebt haben?

Oliver von Wrochem: Zeitzeugengespräche sind eine zentrale Möglichkeit. Die Begegnungen der 15- bis 16-jährigen Teilnehmer am Projekt „Wie wollt ihr euch erinnern?“ haben deutliche Spuren bei den Jugendlichen hinterlassen.

Was ist, wenn es bald keine Zeitzeugen mehr gibt?

Das weiß keiner. Eine Möglichkeit, das Wissen der Zeitzeugen weiterzugeben, sind aufgezeichnete Gespräche als Film oder als Hörinstallation.

Welche Vermittlungsformen haben die Projektteilnehmer entwickelt?

Emotionale Formen haben sie stark angesprochen. Für Jugendliche spielen Gefühle eine große Rolle.

Besteht nicht die Gefahr einer unangemessenen Eventisierung? Immerhin geht es um Deportationen.

Man sollte dieses Bedürfnis nach emotionalen Formen akzeptieren. Ich habe bei den Jugendlichen einen Wunsch nach Empathie erlebt, was nichts mit künstlicher Betroffenheit zu tun hat.

Konnten die Jugendlichen einen Bezug zu ihrem Leben herstellen?

Sie kennen Ausgrenzung. Bei der Erarbeitung eines HipHop-Songs diskutierten die Jugendlichen auch über gegenwärtigen Rassismus. Die Frage ist, wie schaffen es Menschen, in Unrechtssystemen gegen Unrecht aktiv vorzugehen. INTERVIEW: ANGELA DIETZ

Projekt „Wie wollt ihr euch erinnern?“, Präsentation der Ergebnisse: 18 Uhr, Museum für Hamburgische Geschichte, Holstenwall 24