Schmiergeldskandal bei Mobilfunkkonzern: Ericsson im „Islamischen Staat“

Der Mobilfunkkonzern Ericsson könnte laut internem Bericht Schmiergeld an den IS gezahlt haben. Auch Mitarbeiter sollen gefährdet worden sein.

Gebäude mit der Aufschrift Ericsson.

Die Ericsson-Zentrale in Stockholm Foto: Fredrik Sandberg/TT/reuters

BERLIN taz | Im Juni 2014 nimmt die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) die irakische Stadt Mossul ein. Der Mobilfunkkonzern Ericsson ist zu diesem Zeitpunkt im Irak und in der autonomen Region Kurdistan gut im Geschäft. Nach internen Debatten wird auf Führungsebene beschlossen: Einfach weitermachen. Das hat eine interne Untersuchung des Konzerns ergeben. Der so entstandene Bericht wurde dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) zugespielt, das ihn zusammen mit 31 internationalen Medienpartnern nachrecherchierte und Ausschnitte daraus veröffentlichte.

Der Bericht belegt Korruption in verschiedenen Ländern – darunter eine Zahlung von 1,2 Millionen US-Dollar „Beratergebühren“ an einen Verwandten des Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan, Neçirvan Barzani. Der Familie gehört die Mehrheit des größten Mobilfunkanbieters der Region, Korek Telecom. Der Bericht belegt ebenfalls, dass Ericsson auch vor einer Annäherung an den IS nicht zurückschreckte.

Ein junger Mann, der von ICIJ nur Affan genannt wird, arbeitet zum Zeitpunkt der Invasion für Orbitel Telecommunication, ein Subunternehmen von Ericsson, das damit beauftragt ist, das Netzwerk von Asiacell, einem kurdischen Telekommunikationsanbieter, auszubauen. Er sagt, seine Vorgesetzten hätten ihn aufgefordert, selbst dann weiterzuarbeiten, als seine Kollegen von IS-Kämpfern über mehrere Stunden festgehalten wurden. Die Lösung: Affan soll einen Brief an den IS überbringen – darin schreiben Ericsson und Asiacell: „Bitte unterstützen Sie den Einsatz des technischen Teams“ und „Wir danken Ihnen für Ihre Mitarbeit im Dienste des öffentlichen Interesses“.

Doch der IS wittert seine Chance auf Geld: Affan wird festgehalten, muss seinen Vorgesetzten anrufen, von dem fordert sein Entführer Millionen. Der Vorgesetzte, ein Projektmanager bei Ericsson, legt auf. Affan wird unter Hausarrest gestellt, kann später fliehen.

Es ist nicht das einzige Mal, dass Ericsson auf eine Art Kuschelkurs mit dem IS geht. Für das Ausbauprojekt von Asiacell soll Equipment von Erbil im Nordirak nach Ramadi ins Zentrum des Landes geschafft werden. Der offizielle Weg führt an zahlreichen Zollkontrollen vorbei; der inoffizielle, längere, geht durch vom IS erobertes Gebiet. Der Bericht sagt: 30 Lastwagen hätten je zwischen 3.000 und 4.000 US-Dollar bezahlt, um die inoffizielle Route passieren zu können. Dass dabei Geld an den „Islamischen Staat“ floss, kann nicht ausgeschlossen werden.

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