Neue deutsche Klimaaußenpolitik: Klimaschutz made in Germany

Außenministerin Baerbock beruft eine Sonderbotschafterin für Klimapolitik: Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan soll weltweit Allianzen bilden.

Jenniver Morgan steht vor einem Greenpeace Schiff

Das Gesicht der neuen deutschen Klimaaußenpolitik: Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan Foto: Christian Åslund/Greenpeace

BERLIN taz | Ein neues Gesicht, eine umfassende Strategie und eine Gemeinschaftsaufgabe für die gesamte Ampelregierung: So präsentiert die grüne Außenministerin Annalena Baerbock ihre Ideen zu einer neuen „Klima-Außenpolitik“, die in Zukunft den Kurs Deutschlands bestimmen soll. In einer „klimapolitischen Gesamtstrategie“ will Baerbock ihr Auswärtiges Amt stärker auf ihr Kernanliegen Klimaschutz verpflichten und die auswärtige Arbeit der Bundesregierung zu dem Thema bündeln. Das erklärte die Außenministerin am Mittwoch in ihrem Berliner Amtssitz bei der Präsentation der neuen „Sonderbeauftragten des Auswärtigen Amtes für die internationale Klimapolitik“: Jennifer Morgan, derzeit noch Chefin von Greenpeace International.

Die Entscheidung hatte bereits vorher für Aufsehen gesorgt. Die 55-jährige US-Bürgerin Morgan ist eine internationale Umwelt- und Klimaexpertin mit guten Beziehungen und jahrzehntelanger Erfahrung. Es gebe „keine zweite Persönlichkeit“, die ähnlich erfahren, vernetzt und glaubwürdig in der globalen Klimapolitik sei wie Morgan, pries Baerbock ihre neue Angestellte, sie sei eine „Traumbesetzung“. Morgan hat sich in der internationalen Ökoszene einen Ruf als kenntnisreiche Expertin, Analystin und Netzwerkerin erworben: Sie arbeitete beim Climate Action Network CAN, der Umweltstiftung WWF, der Umweltorganisation E3G und dem einflussreichen US-Thinktank „World Resources Institute“, wo sie half, den Pariser Klimagipfel von 2015 vorzubereiten und zum Erfolg zu führen.

Baerbock installiert mit Morgan nicht nur eine Expertin, die sich um das Klimathema kümmert, wenn die klima-affine Ministerin mit anderen Dingen beschäftigt ist. Sie kündigte auch an, dass sich die Regierung in Zukunft gemeinsam dem Thema widmen werde: Klima betreffe eben nicht nur wie in der Vergangenheit das Umweltministerium, sondern auch die Ressorts für Wirtschaft, Verkehr, Inneres und andere. In der Außenpolitik soll das Thema in den Vordergrund treten: Alle 226 deutschen Botschaften und Konsulate sollen Klimabeauftragte bekommen. Eine neue Sicherheitsstrategie der Regierung werde Klimaschutz als Konflikt­risiko beschreiben, ebenso eine ähnliche Strategie der EU.

Die Ministerin will neue Projekte zum Ausstieg aus Kohle und Verbrennungsmotor in anderen Ländern wie in Südafrika unterstützen. Auch in der neuen China-Strategie Deutschlands soll Klimaschutz zentral werden. Beim Vorsitz der G7 in diesem Jahr wolle man „die Initiativen zur grünen Infrastruktur aus den EU und den USA“ bündeln.

Vertrag an Baerbocks Amtszeit gekoppelt

Treibende Kraft hinter dieser Strategie soll Jennifer Morgan sein. Sie soll auch die neu geordnete Klimakompetenz im Auswärtigen Amt koordinieren: Insgesamt 16 BeamtInnen wechseln aus dem Umweltministerium ins AA. Die bisher nur zwei mageren Referate zum Klima werden im Ministerium auf sechs Referate aufgestockt, die zu Finanzierung, Internationalen Verhandlungen, Partnerschaften mit anderen Staaten, Klima und Sicherheit, Umweltaußenpolitik und Energieaußenpolitik arbeiten sollen.

Alle 226 deutschen Botschaften und Konsulate sollen Klimabeauftragte bekommen

Die Amerikanerin wird erst Staatssekretärin, wenn sie deutsche Staatsbürgerin ist. Sie wird allerdings nicht verbeamtet, sondern bleibt mit einem Vertrag an Baerbocks Amtszeit gekoppelt. Rund um ihre Berufung hatte es Diskussionen im Netz gegeben, ob die Chefin einer Organisation mit kontroversen und teilweise illegalen Aktionen die Richtige auf dem Posten sei. Allerdings zeigten sich auch viele Stimmen aus der Umweltbewegung begeistert von der Wahl: Morgan sei mit ihrer Erfahrung und ihren Kontakten sehr gut geeignet, hieß es.

Finanzhilfen für arme Länder

Morgan selbst betonte, gerade ihre Vergangenheit in vielen Gruppen der Zivilgesellschaft und in Thinktanks sei ein Vorteil: „Um die 1,5 Grad in Sicht zu halten, brauchen wir weltweit ein breites Bündnis von Politik, Aktivisten und Wissenschaft, von jungen Leuten und Indigenen, alle müssen zusammenarbeiten. Wir müssen uns da ganz neu aufstellen.“ In Zukunft soll sie auf der anderen Seite auf Augenhöhe mit anderen Klimagesandten wie John Kerry aus den USA oder Xie Zhenua aus China agieren.

Bei der nächsten Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Sharm el Sheik wird es im November vor allem um die Frage von Finanzhilfen für die armen Länder, Verlustausgleich für Klimaschäden und die Umsetzung der Klimaziele gehen – alles Anliegen, für die sich Morgan auch als Greenpeace-Chefin stark gemacht hat. Bei diesen Themen, wo bisher die Industrieländer bremsen, will Morgan vorankommen.

Wie groß der Einfluss des ambitionierten deutschen Klimaduos Baerbock/Morgan sein wird, wird sich bei der COP27 in Ägypten zeigen. Erst einmal flog die Außenministerin am Mittwoch nach Israel und Ägypten – um die Regierung in Kairo zum nächsten „Petersberger Klimadialog“ im Frühjahr einzuladen.

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