Globuli vor Gericht: Homöopathie bleibt gestrichen

Die Bremer Ärztekammer hat Ho­möo­pa­thie aus ihrem Weiterbildungsangebot gestrichen. Bremer Ho­möo­path:­in­nen haben dagegen geklagt – und verloren.

Aus einem Röhrchen geschüttete homöopathische Globuli

Man muss halt dran glauben: homöopathische Globuli Foto: dpa

BREMEN taz | Für Jour­na­lis­t:in­nen gibt es kein dankbareres Sujet als homöopathische Medizin. Wer über Globuli – das Nichts in hoher Potenz enthaltende Zuckerkügelchen – schreibt, hat die Lacher auf seiner Seite und versichert sich und die Welt seiner Vernunftbegabung. Zudem ist die Recherche wie in allen Bereichen der Anthroposophie herrlich einfach: Mit Sekten teilen die Anthros nur das geschlossene Weltbild, aber Zugang zu Schulen, Kitas, Arztpraxen und Krankenhäusern bekommen alle, die bereit sind zu zahlen oder sich etwas über Astralleiber anzuhören. Der Kreis von In­for­man­t:in­nen, die bereit sind auszupacken, ist riesig. Anders als bei globalen Pharmakonzernen.

Nun gibt es auch andere Medikamente, deren Wirksamkeit nicht belegt ist und die im Gegensatz zu Globuli gravierenden Schaden anrichten können. Aber um das verstehen und beurteilen zu können, wäre ein erhöhter Arbeitsaufwand notwendig.

Bleiben wir also lieber bei den Globuli und denen, die sie verschreiben, den Ho­möo­pa­th:in­nen. Ein Teil von ihnen ist besonders geadelt, weil sie als Ärz­t:in­nen tätig sind und nicht bloß als Heil­prak­ti­ke­r:in­nen. Doch diese Königsklasse unter den Ho­möo­path:­in­nen wird zu Recht aussterben, und einen Anteil daran trägt die Ärztekammer Bremen. Die hatte 2019 als erste Ärztekammer Homöopathie aus ihrem Weiterbildungskatalog gestrichen. Begründung: Es fehle ein naturwissenschaftlicher Nachweis, dass die homöopathische Behandlung wirkt.

Seit Juli 2020 vergibt die Bremer Ärztekammer deshalb nicht mehr die Zusatzbezeichnung Homöopathie – analog etwa zur Flug- oder Inten­siv­me­di­zi­ne­rin. Dagegen hatten Bremer Ho­möo­path:­in­nen erfolglos geklagt. Im Januar beendete das Bundesverwaltungsgericht den Rechtsstreit endgültig. Es bestätigte die Entscheidung des Bremer Oberverwaltungsgerichts, keine Revision gegen sein Urteil zuzulassen. Denn dem Beschwerdeführer entstehe selbst kein Schaden, da er sich weiter ärztlicher Homöopath nennen darf. Nur wer jetzt keine Zusatzbezeichnung führt, baut sich keine mehr. Frei nach Rilke.

Damit sind auch Klagen gegen andere Landesärztekammern, die wie die Bremer gehandelt hatten, aussichtslos. Vor einer Woche hatte das Oberverwaltungsgericht Brandenburg ähnlich geurteilt. Helfen kann jetzt nur noch ein Umzug nach Sachsen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg oder den westfälischen Teil von Nordrhein-Westfalen. Dort sprachen sich die Ärztetags-Delegierten dafür aus, die Zusatzbezeichnung zu behalten. Dabei gibt es in Baden-Württemberg mit 994 von 72.000 Mitgliedern anteilig etwas weniger ärz­tliche Homöopathinnen als in Bayern. In Bremen ist der Anteil ähnlich niedrig wie im Ländle: mit 69 von 5.662 Mitgliedern, davon 58 berufstätig.

Zumindest das ist belegt: Der Heilungserfolg ist größer, wenn man darauf vertraut, gesund werden zu können

„Die Homöopathie würde andernfalls in die Hände nichtärztlicher Berufsgruppen gelangen“, hatte 2018 der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe für die Beibehaltung der Zusatzbezeichnung argumentiert. Gleichzeitig hatte er Krankenkassen aufgefordert, keine Kosten für homöopathische Medikamente zu übernehmen. Das wollte ein Teil der Grünen ins Wahlprogramm schreiben, scheiterte aber an parteiinternen Homöopathie-Freund:innen.

Aber meine Güte, wer kann ihn nicht verstehen, den Wunsch von Ärz­tin und Patient, irgendetwas tun zu können gegen die Beschwerden? Denn zumindest das ist belegt: Der Heilungserfolg ist größer, wenn man darauf vertraut, gesund werden zu können.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.