Regierung in Peru: Kurzer Honeymoon

Perus Präsident muss erneut ein Kabinett zusammenstellen. Dies lässt den Druck auf den Ex-Gewerkschafter mit indigenen Wurzeln wachsen.

Perus Präsident Pedro Castillo mit großem weißen Hut und erhobenem Zeigefinger am Rednerpult neben der peruanischen Flagge

Hat kein glückliches Händchen bei der Regierungsernennung – Pedro Castillo Foto: Peru Presidency/reuters

Zum vierten Mal in sechs Monaten muss in Lima das Kabinett unter Präsident Pedro Castillo umgebildet werden. Der Lehrergewerkschafter aus der Provinz hatte die Wahl dank der Landbewohner mit indigenen Wurzeln gewonnen, die endlich „einen wie uns“ im Präsidentenpalast in Lima sehen wollten. Dazu kamen die Stimmen derer, die um jeden Preis einen Wahlsieg von Castillos Rivalin, Diktatorentochter Keiko Fujimori, verhindern wollten. Doch der Honeymoon des neuen Präsidenten hielt nur wenige Tage.

Castillos erster Premierminister Guido Bellido fiel mit homophoben und frauenfeindlichen Äußerungen auf. Nach zwei Monaten wurde er gegen die Menschenrechtsanwältin Mirtha Vasquez ausgewechselt. In ihrer Regierung waren sowohl linke Technokraten, erprobte Honoratioren, aber auch Parteigänger Castillos vertreten, die außer ihrem Parteibuch keine Qualifikation aufwiesen. Als Castillo sich nicht durchringen konnte, einen korrupten Polizeichef zu entlassen, warf Vasquez das Handtuch.

Castillo ernannte daraufhin den Abgeordneten Hector Valer zum neuen Premierminister. Der hat in seiner politischen Karriere das peruanische Parteienspektrum von ganz rechts bis ganz links durchlaufen und Anzeigen wegen häuslicher Gewalt und wegen Korruption im Lebenslauf. Nach nur drei Tagen musste er zurücktreten. Castillo sucht nun einen neuen Regierungschef. Castillos Regierungshandeln ist erratisch, intransparent und auch mit seiner mangelnden Erfahrung nicht mehr zu entschuldigen.

Eine Clique von Beratern halte den Präsidenten von seinen eigenen Ministern fern und treffe Regierungsentscheidungen, sagte Ex-Premierministerin Mirtha Vasquez. Castillos Amtsführung gleicht immer mehr derjenigen, die man von seiner Erzrivalin Keiko Fujimori und deren Vater Alberto kennt: Posten werden nach Gefälligkeiten oder gegen Geld vergeben; ein konservatives und frauenfeindliches Familienbild wird hochgehalten; informelles Wirtschaften steht über staatlicher Regulierung.

Seit Castillo im Amt ist, feiern illegale Goldgräber im Amazonasgebiet, Busfahrer mit Strafzetteln, Lehrer, die sich jeder Evaluierung widersetzen oder Besitzer privater Schrottuniversitäten ihr sorgloses Dasein. Wie ein „linker Fujimorismus“, wie ihn der Politologe Alberto Vergara nannte, aussieht, zeigt ein Foto von Castillos kürzlichem Besuch in Brasilien. In trauter Eintracht steht Castillo, der einstige kommunistische Bürgerschreck, neben dem Rechtsfaschisten Bolsonaro.

Sogar den Trachtenhut, ohne den sich Castillo nie sehen lässt, durfte sich Bolsonaro aufsetzen. Stimmen bis in die politische Mitte legen ihm den Rücktritt nah. Entscheidend dafür wird sein, ob der Druck der Straße hinzukommt. Vor zwei Tagen haben Studierende gegen die Rücknahme der Universitätsreform demonstriert. Es könnte ein Anfang sein.

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