Kirchenvertreter im ARD-Gremium: Der Wolf im Rundfunkrat

Der katholische Missbrauchskomplex reicht bis in den Bayerischen Rundfunkrat. Prälat Lorenz Wolf ist dort Vorsitzender. Noch.

Porträt von Lorenz Wolf

Prälat Lorenz Wolf Foto: Felix Hörnager/dpa

Erinnert sich noch wer an den schmierigen Prälaten namens Hinter aus dem „Bullen von Tölz“? Dieser mild-korrupte katholische Kirchenmensch, der in der Sat.1-Spaßkrimireihe dem Kommissar Benno Berghammer immer in die Ermittlerparade fuhr.

Ein ganz anderer Prälat ist Lorenz Wolf. Der Bayerische Rundfunk (BR) bezeichnet ihn im Zusammenhang mit dem letzte Woche veröffentlichten Gutachten über den Missbrauchsskandal im Erzbistum München-Freising als einen „Verantwortlichen in der zweiten Reihe“. Prälat Wolf ist Chef des Katholischen Büros Bayern, des Scharniers zwischen der einflussreichen Amtskirche und der Politik im Freistaat. Und er leitet das kirchliche Gericht im Erzbistum. Im Gutachten wird seine Haltung als Kirchenrichter massiv kritisiert. Laut Gut­ach­te­r*in­nen sei „für das Handeln des Dr. Wolf vor allem charakteristisch“ gewesen, „dass für ihn die Interessen der wegen sexuellen Missbrauchs beschuldigten Priester gegenüber denen der tatsächlich oder mutmaßlich Geschädigten im Vordergrund standen“.

Dass der BR Wolfs Verantwortung so klar benennt, ist gut. Denn Wolf ist Vorsitzender des Rundfunkrats, des obersten Gremiums der ARD-Anstalt. Noch. Der Rundfunkrat beaufsichtigt das Programm, wählt In­ten­dan­t*in­nen und andere oberste Führungskräfte und soll die gesamte Gesellschaft repräsentieren. Eigentlich wollte Wolf, der dem Gremium schon seit acht Jahren vorsteht, demnächst in den Verwaltungsrat des BR wechseln. Dieser ist noch ein bisschen näher dran am Geld, wacht über den Haushalt und berät die Intendantin direkt.

Laut Gutachten soll er ein mutmaßliches Missbrauchsopfer, das seinen Fall öffentlich machen wollte, wegen versuchter Erpressung angezeigt haben. Wolfs Anwalt erklärt dagegen, die Bewertungen, die seinen Mandanten betreffen, seien „unwahr, tendenziös und willkürlich selektiv“. Klar, ein Mann Gottes kann nicht fehlen. Da sind wir wieder beim Prälaten aus dem „Bullen von Tölz“, dem auch jeder Anstand fehlte und der die Pfründe des Kirchenamts zu schätzen wusste. Dabei war der fiktive Hinter gegen den realen Wolf ein Waisenknabe.

Am Donnerstag ließ Wolf via Kardinal Marx verkünden, dass er seine Ämter „ruhen“ lasse. Aus der Politik gibt es längst auch Forderungen nach Wolfs Rücktritt von seinem BR-Amt. Auch wenn die Satzung des Gremiums keinen Rausschmiss aus den eigenen Reihen vorsieht, sondern die „entsendende Institution“ ihren Ver­tre­te­r zurückziehen muss: Dass er beim Schreiben dieser Zeilen nicht längst weg ist, macht wütend. „Da hat die Kirche jetzt aber ganz schön was vor sich“, sagt die freidenkende Mitbewohnerin, „bis sie wieder koscher ist und ihre Fankurve im Kurs hat“.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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