Begehrtes olympisches Maskottchen: Ein Stofftier und seine Hehler

Vor Beginn der Winterspiele war das Maskottchen „Bing Dwen Dwen“ noch ein Ladenhüter. Jetzt interessieren sich sogar Spekulanten für ihn.

Kanada's Snowboarder Max Parrot hält Maskottchen in die Höhe

Bronze und Maskottchen: Kanada's Snowboarder Max Parrot kann sich glücklich schätzen Foto: Fabrizio Bensch/reuters

Die Luft ist mittlerweile endgültig raus. Wenn in Peking jemals ein Funken von Olympia-Euphorie zu spüren gewesen war, dann ist dieser längst erloschen. Der Kneipenbesitzer um die Ecke sagte mir neulich erst, dass der Unterschied zu den Sommerspielen von 2008 wie Tag und Nacht sei: Damals wären selbst die Athleten und Coaches nach ihren Wettkämpfen auf ein Feierabendbier vorbeigekommen, gemeinsam mit den Anwohnern habe man ein regelrechtes Volksfest veranstaltet. Doch davon sei diesmal nichts mehr zu spüren.

Erst neulich bin ich beim Eishockey-Derby China gegen die USA unfreiwillig ins Hintergrundbild eines ARD-Beitrags gerutscht. Wir Korrespondenten waren an jenem Abend auf der Suche nach den euphorischsten Public-Viewing-Events. Doch statt chinesischen Zuschauern fanden wir in unseren Nachbarschafts-Pubs vor allem ausländische Kollegen mit Kameras und Aufnahmegeräten vor. Nur mit Glück haben sich ein paar einheimisch Fans finden lassen, die zum O-Ton bereit waren.

Ganz anders schaut es in Sanlitun beim Souvenir-Shop aus. Dort standen die Menschen bereits im Morgengrauen trotz eisiger Minusgrade Schlange – teilweise mit Heizdecke und Campingstuhl. Dort gab es jedoch weder Freibier noch ein neues Iphone. Stattdessen wollten die Pekinger dort „Bing Dwen Dwen“ ergattern, das offizielle Maskottchen der Winterspiele.

Der pummelige Panda im Astronautenanzug schaut in der Tat recht putzig aus, aber dass er mittlerweile unter Chinesen zum Spekulationsobjekt aufgestiegen ist, entzieht sich endgültig meinem Verständnis. Mehr als das Zehnfache zahlen Fans für ein Stofftier von „Bing Dwen Dwen“. Zuletzt musste sogar die Polizei einschreiten, um mehrere Hehler festzunehmen.

Dabei war ebenjener Panda noch kurz vor Beginn der Sportveranstaltung ein regelrechter Ladenhüter. Für meine Recherchen habe ich den olympischen Souvenirladen besucht – nur einen Steinwurf von der spektakulären „Big Air“-Schanze, auf der Superstar Eileen Gu zur Goldmedaille gesprungen ist. Damals kam ich mir vor wie in einem nordkoreanischen Supermarkt in Pjöngjang: volle, aufgeräumte Regale, allerdings absolut menschenleer. Die Chance, ins schwarz-weiße Plüschtier zu investieren, habe ich leider verpasst. Wer hätte auch ahnen können, dass Chinas größter Marketing-Streich der Olympischen Spiele ein 20 Zentimeter großer Panda ist?

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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