Irischer Spielfilm auf der Berlinale: Raus aus der Familie

In „An Cailín Ciúin“ entdeckt die stille Cait eine Welt, in der sie willkommen ist. Der Film porträtiert facettenreich das ländliche Irland der 1980er.

Porträt von Cahterine Clinch, Mädchen mit langen Haare in der Küche Beim Essender Küche

Ein Zimmer ist für sie vorbereitet: Cait (Cahtherine Clinch) in dem Spielfilm „An Cailín Ciúin“ Foto: Berlinale

Die neunjährige Cait wächst im ländlichen Irland der 1980er Jahre auf. Mit ihrer kinderreichen Familie lebt sie in prekären Verhältnissen. Anders als die Geschwister, reagiert das empfindsame Mädchen mit innerem Rückzug auf Rohheiten und Zumutungen ihrer Umgebung. Der Vater ist ein ungehobelter Spieler, der jüngste Bruder noch ein Baby, die Mutter steht ausgezehrt schon wieder kurz vor der Niederkunft.

In „An Cailín Ciúin“ (The Quiet Girl) scheinen überforderte Eltern sich ihrem Los teilnahmslos zu ergeben, während die Kinder sich weitgehend selbst überlassen bleiben. Verhütung war im katholisch geprägten Irland bis 1980 illegal. Noch 1987 wurden Kondome nur auf Rezept ausgegeben.

Der Film ist in Berlin während der Berlinale zu sehen:

12. 2., 14.30 Uhr, HKW

13. 2., 9.30 Uhr Filmtheater am Friedrichshain

18. 2., 11 Uhr, Urania

19. 2., 17 Uhr, Cubix 8

Das berührende Spielfilmdebüt des irischen Regisseurs Colm Bairéad basiert auf einer 2010 im Magazin New Yorker veröffentlichten Kurzgeschichte der Schriftstellerin Claire Keegan und erzählt von einem kurzen Sommer, der zum entscheidenden Wendepunkt im Leben eines traumatisierten Kindes wird.

Aus der Perspektive der neunjährigen Cait zeichnet der 1981 geborene Filmemacher in ruhigen, beobachtenden Einstellungen ein facettenreiches und ambivalentes Porträt der ländlichen Gesellschaft und ihrer Irisch sprechenden Protagonisten.

Sichtbarkeit und Wertschätzung

Vom Vater ohne Ankündigung auf dem Bauernhof der kinderlosen Verwandten abgesetzt, erlebt das verschlossene Mädchen bei dem Ehepaar Kinsella zum ersten Mal das Gefühl von Sichtbarkeit und Wertschätzung. Ein Zimmer ist für sie vorbereitet, ein heißes Bad wird ihr eingelassen und der gemeinsame Tisch ist gedeckt.

Da Cait ohne Koffer eingetroffen ist, sucht die fürsorgliche Eibhlin im Haus nach etwas Passendem zum Anziehen in ihrer Größe – dunkle Hosen, Pullover und Gummistiefel. Überzeugend gelingt es der jungen Darstellerin Catherine Clinch, der Neugier und Verletzlichkeit des Mädchens mit sparsamen Gesten tastend Ausdruck zu verleihen.

Der unbekannte Alltag mit dem fremden Ehepaar eröffnet Cait eine neue Welt, zu der sie allmählich Vertrauen fasst. Doch auch die unausgesprochene Traurigkeit im Haus der Kinsellas, die Seáns Reserviertheit erklärt und deren Hintergrund sie durch Zufall erfährt, bleiben der Neunjährigen nicht verborgen. So findet in dieser Gemeinschaft des Sommers nicht nur Cait einen Ausweg zurück ins Leben.

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