Deutsche Welle in Russland: Kritik an russischem Sendeverbot

Nach dem russischen Sendeverbot für die Deutsche Welle hagelt es Kritik. Claudia Roth nennt den Schritt „in keiner Weise hinnehmbar“.

Das Deutsche Welle Mikrofon vor einem unscharfen Hintergrund im Innenraum

Die Deutsche Welle will weiter über Russland berichten. Von wo, ist jetzt die Frage Foto: Achille Abboud/imago

BERLIN TAZ Nach der Aufregung um das Sendeverbot für die Deutsche Welle (DW) in Russland reagierte das Außenministerium in Moskau mit Worten, die durchaus als Drohung verstanden werden können. „Wenn Deutschland auf Eskalation aus ist, dann werden wir entsprechend antworten“, sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa am Freitag in Moskau. „Wenn Deutschland sich auf eine Normalisierung der Situation einlässt, dann antworten wir auch so, dass wir bereit sind, die Lage zu normalisieren.“ Gemeint ist offenbar eine Art Tauschhandel: Wenn das deutschsprachige Programm des russischen Staatssenders RT DE in Deutschland ausgestrahlt werden darf, darf die Deutsche Welle weiterarbeiten.

Am Donnerstag hatte die russische Regierung dem deutschen Auslandssender ein Sendeverbot erteilt. Auf ihrer Webseite teilte die DW am Freitag mit: „Das Büro der Deutschen Welle in Moskau ist geschlossen.“

Die Schließung des Korres­pondentenbüros in Moskau und der Entzug der Akkreditierungen der Journalist:innen, hatte für viel Kritik gesorgt. „Wir werden hier in einer Weise zum Spielball gemacht, wie es Medien nur in Autokratien erfahren müssen“, sagte DW-Intendant Peter Limbourg. Der Deutsche Journalistenverband und Reporter ohne Grenzen forderten die Aufhebung des Verbots.

Kritik kam auch von der Bundesregierung. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner appellierte am Freitag an die russische Regierung, „die lizenzrechtlichen Probleme des Senders RT nicht für eine Beschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit zu missbrauchen.“ Das Auswärtige Amt erklärte, die Maßnahmen entbehrten „jeglicher Grundlage“.

Das harsche Vorgehen aus Moskau war die Reaktion auf ein Sendeverbot des deutschsprachigen Programms seines Staatssenders RT DE. Am Mittwoch hatte in Deutschland die Kommission für Zulassung und Aufsicht bei den Medienanstalten die Verbreitung des Fernsehprogramms RT DE wegen einer fehlenden Sendelizenz verboten – diese wurde von russischer Seite nicht beantragt. Zur inhaltlichen Ausrichtung wurden keine Angaben gemacht. Allerdings ist für eine solche Lizenz Staatsferne eine Bedingung.

Die russische Regierung wertete das deutsche Verbot als politisch motiviert und als Angriff auf die Pressefreiheit. Russland kündigte an, ein Verfahren einzuleiten, die Deutsche Welle zum „ausländischen Agenten“ zu erklären. Zudem sind laut russischem Außenministerium auch Sanktionen vorgesehen gegen „Vertreter deutscher staatlicher und öffentlicher Strukturen, die an der Einschränkung der Ausstrahlung von RT beteiligt sind“.

Büro zu, viele Fragen offen

Die Deutsche Welle, die in Russland seit 2005 Sendelizenzen hat, kündigte rechtliche Schritte an. Was nun mit den Mit­ar­bei­te­r:in­nen der Deutschen Welle passiert und ob diese das Land verlassen müssen, war bis Redaktionsschluss unklar. Der Moskauer DW-Büroleiter Juri Rescheto sagte am Donnerstag, er habe von der Schließung als erstes über russische Medien erfahren und erst später ein offizielles Schreiben erhalten. Die Akkreditierungskarten müssten im Laufe des Freitag im Außenministerium abgegeben werden. Viele Fragen seien noch offen.

Die Bundesregierung sei „sich der Sorgen sehr bewusst, die sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Welle in Russland machten“, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums am Freitag in Berlin. Das Ministerium sei in Kontakt mit den russischen Behörden.

Das Sendeverbot sei „in keiner Weise hinnehmbar“, kritisierte Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Die Gleichsetzung von RT DE und der Deutschen Welle entbehre „jeglicher Grundlage“. RT DE sende zurzeit ohne Lizenz, das sei nicht vergleichbar. Zudem sei die Deutsche Welle „staatsfern“ organisiert. Im ARD-„Morgenmagazin“ bezeichnete Roth das Vorgehen Moskaus „als aggressiven Akt“.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nannte das Vorgehen Russlands „politische Willkür“. Erneut werde die Pressefreiheit völlig unzulässig eingeschränkt. Ähnlich äußerte sich der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai: „Das Sendeverbot zeigt, dass dem Kreml nichts an einer unabhängigen Berichterstattung liegt.“ Kritik kam auch aus den Oppositionsparteien Linke und Union.

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