In der Olympischen Blase: Die Weiße Armee hat alles im Griff

Der taz-Reporter ist in Peking eingetroffen. Securities scannen QR- Codes, schicken ihn zum PCR-Test, dann aufs Hotelzimmer. Ein Erfahrungsbericht.

Mann in weißer Schutzkleidung

Ein Weißarmist im Dienst Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

Sie sind die heimlichen Superstars dieser Spiele. Die Männlein und Weiblein in den weißen Ganzkörperanzügen mit den Schutzbrillen und den Faceshields sind das Begrüßungskommando für alle, die zu den Olympischen Spielen nach Peking reisen. Beim Verlassen des Flugzeugs stehen die ersten an der Tür. Einer hat einen Tank umgeschnallt und einen Zerstäuber in der Hand. Man kommt sich schmutzig vor.

Im Flughafengebäude warten schon die nächsten Offiziere der Weißen Armee. „Sit down!“, brüllen sie und zeigen auf einen Warteraum. Nun heißt es: ab ins Internet! Die Olympia-App „My2022“ wird aufgerufen. 14 Tage vor Einreise mussten die Olympiareisenden damit beginnen, ihre Gesundheitsdaten, die Körpertemperatur und die Impfgeschichte zu dokumentieren, Zertifikate hochladen sowie die negativen Testergebnisse der zwei vor der Ausreise vorgeschriebenen PCR-Tests. Was sonst noch auf dem Smartphone war, hat man wohl auch preisgegeben. Wer alles richtig gemacht hat, dem wurde der „Green Health Code“ geschickt, ein QR-Code: das Ticket für die olympische Blase.

Alle im Warteraum rechnen damit, dass man diesen ebenso wie einen weiteren QR-Code – für den man neben dem Bild des Reisepasses auch ein Bild des Personalausweises hat hochladen müssen, damit auch die angegebene Wohnadresse in der Heimat überprüft werden kann – vorzuzeigen hat. Der taz-Reporter scheitert daran, auf dem Prepaid-Konto seines Smartphones ist zu wenig Guthaben, um die Bestätigungs-SMS zu empfangen, die es braucht, um sich in das Flughafen-WLAN einzuloggen. Ohne Netz läuft das Überwachungsspiel „My2022“ nicht. War es das?

Nein, die Daten sind alle längst gespeichert. Nach einer halben Stunde Wartezeit werden die Ankömmlinge zu einem Bildschirmterminal geschickt. Die Pässe werden gescannt, und schon scheinen ein paar der Daten auf, die man vor ein paar Tagen in die App eingegeben hat.

Es gilt, sie noch einmal zu bestätigen. „Haben Sie in den letzten 14 Tagen mal Fieber gehabt?“ Ja. „Haben Sie fiebersenkende Medikamente genommen?“ Ja. Der taz-Reporter erinnert sich an die wirklich fiese Magenverstimmung vor einer Woche.

Es geht jetzt zum Coronatest. Eine weitere Hundertschaft Hygieniker wartet in kleinen Kabinen auf die Passagiere. Manch einer sprüht sich in einer Tour Desinfektionsmittel über seine gerade frisch angezogenen Gummihandschuhe. Die Angst vor den Virenschleudern aus Europa muss wirklich groß sein. Kurz in der Nase gebohrt, tief im Rachen Speichel genommen und schon geht es weiter Richtung Passkontrolle. Der Bon mit dem QR-Code, den das Terminal eben ausgespuckt hat, vermag das Schleusentor dahin nicht zu öffnen. Rot. Das war es jetzt, oder?

„Follow me!“ Der Weißarmist hat es eilig. Er führt den taz-Reporter zurück zum Terminal. Die Angaben müssten geändert werden. „No fever!“, sagt er. Und: „No medication!“ Dann gab es halt keine Magenverstimmung. Jetzt darf der Berichterstatter zur Passkontrolle. Auch die Zöllner tragen weiße Papieroveralls. Manch einer hat ein Olympiamaskottchen draufgeklebt. Ein anderer einen roten Stern. Vielleicht der Chef.

Eine Kette an der Tür

Nun heißt es wieder warten. Durch das Fenster ist zu beobachten, wie sich Weißarmisten mit dem Gepäck beschäftigen. Skier sind darunter, und die Ausrüstung der deutschen Eishockeyauswahl in riesigen Taschen. Nach zwei Stunden Wartezeit geht es los.

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Auf dem Weg in die Stadt fährt der Bus an einem Kanal vorbei, auf dem ein paar Freizeitler Schlittschuh laufen. Nette Bilder, die die Olympiareisenden nur durchs Busfenster sehen dürfen. Sie müssen in der Blase bleiben, dem Loop, wie er hier heißt.

In der Unterkunft angekommen, gibt es eine strikte Ansage. Ab aufs Zimmer! Dort soll man warten, bis das Ergebnis des am Flughafen genommenen PCR-Tests vorliegt. Sollte es positiv sein, wird man isoliert. Im Hotel wurde dafür ein Raum freigemacht. Außer zwei Stühlen und einem Tisch ist darin nichts.

Die dicke Kette an den Türgriffen macht deutlich, dass das kein Spaß ist. Dem taz-Reporter bleibt Quarantäne erst mal erspart – im Gegensatz zu sechs Mitgliedern des deutschen Olympiateams, die mit der selben Maschine aus Frankfurt am Main gekommen sind.

Am Abend bedankt sich IOC-Präsident Thomas Bach für die Herzlichkeit, mit der die Pekinger die Welt als Gäste begrüßt hätten. Eine chinesische TV-Reporterin hatte ihn gefragt, ob er nicht auch finde, dass die Spiele nach zwei Jahren Pandemie so etwas wie einen Frühling für die Welt darstellten. Der Oberolympier wollte da nicht widersprechen. Welcome to Beijing!

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