Ukrainischer Ex-Präsident vor Gericht: Vorwurf Staatsverrat

Petro Poroschenko ist in die Heimat zurückgekehrt. Er wird beschuldigt, Kohlegeschäfte mit pro-russischen Separatisten gemacht zu haben.

Petro Poroschenko spricht vor Anhängern vor einem Gerichtsgebäude

Petro Poroschenko spricht am Tag seiner Rückkehr am 17. 01. 2022 aus Warschau vor Anhängern Foto: Efrem Lukatsky/dpa

BERLIN taz | Er wurde sehnsüchtig erwartet, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Petro Poroschenko, von 2014 bis 2019 Präsident der Ukraine, ist nach einem vierwöchigen Auslandsaufenthalt wieder in seiner Heimat. Begeistert winkte Poroschenko seinen Anhängern zu, die ihn am Montagmorgen am Kiewer Flughafen Schuljany erwartet hatten.

Direkt in der Eingangshalle ergriff er das Mikrofon und wandte sich an seine Weggefährten. „Gesetzwidrig bin ich an der Grenze festgehalten worden.“ erklärte er, weil der Grenzschutz 15 Minuten gebraucht habe, um seinen Pass zu studieren. Hier werde die Opposition verfolgt, schimpfte er weiter. Dann stieg er in einen wartenden Wagen und fuhr zum Gericht, um rechtzeitig zum Prozessauftakt gegen ihn zu erscheinen.

Etwas anders schilderte Tatjana Sapjan vom staatlichen Ermittlungsbüro die Rückkehr von Poroschenko aus Warschau nach Kiew. Er habe sich geweigert, die ihm ausgestellten Papiere zur Vorladung zum Prozess entgegenzunehmen. Dabei hätten Begleiter von Poroschenko den Beamten Widerstand geleistet, zitiert das Onlinenachrichtenportal Ukrajinska Prawda die Sprecherin.

Poroschenko habe sich schon auf dem Flughafen provokativ verhalten, kommentierte Michail Podoljak von der Präsidialadministration dessen Weigerung, direkt auf dem Flughafen eine Vorladung zur Gerichtsverhandlung entgegenzunehmen.

Langes Rätselraten

Lange hatte man in der Ukraine gerätselt, ob Poroschenko, der am 17. Dezember die Ukraine fluchtartig verlassen hatte, nachdem Beamte des Staatlichen Ermittlungsbüros vergeblich versucht hatten, ihm eine Vorladung zum Verhör auszuhändigen, überhaupt zurückkehren werde. Es galt als wahrscheinlich, dass er sofort bei einer Ankunft in Kiew verhaftet werden würde.

Wenige Tage später, Poroschenko war bereits außer Landes, wurde er am 20. Dezember in einem von dem stellvertretenden Generalstaatsanwalt der Ukraine, Alexej Simonenko, unterzeichneten Schreiben des Staatsverrates, der Finanzierung von Terrorismus und der Gründung einer terroristischen Vereinigung verdächtigt.

Konkret wird ihm vorgeworfen, 2014 und 2015 Kohle aus den von den Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine eingekauft und gleichzeitig einen Vertrag über Kohlelieferungen aus Südafrika gekündigt zu haben. Damit, so der Vorwurf, habe er die Ukraine „in eine Abhängigkeit von Energie aus Russland und den von Russland kontrollierten Pseudorepubliken gebracht“.

Am 6. Januar beschlagnahmte ein Kiewer Gericht Poroschenkos Vermögen. Für Poroschenkos Partei war damit klar: der Verdacht gegen ihren Chef ist politisch motiviert, nun verfolge Präsident Wolodymir Selenski die Opposition, hieß es in einer Erklärung der „Europäischen Solidarität“ im Dezember.

Bombe geplatzt

Doch vergangenen Samstag platzte die Bombe. In einer Video-Botschaft an Präsident Selenski kündigte Poroschenko furchtlos seine Rückkehr an: „Herr Selenski, ich habe eine schlechte Nachricht für Sie“, so der Ex-Präsident: „Am 17. Januar um 09:10 Uhr fliege ich von Warschau aus zurück in die Ukraine.“

Ungefähr zeitgleich schien eine andere Bombe hochzugehen. Ebenfalls am Samstagnachmittag sperrten die ukrainischen Behörden den Kiewer Flughafen, auf dem Poroschenko landen sollte, für mehrere Stunden. Man habe telefonisch eine Bombendrohung erhalten, begründete der Inlandsgeheimdienst SBU das Vorgehen.

Auf Twitter verurteilte die britische Botschafterin in der Ukraine, Melinda Simmons, indirekt das Vorgehen gegen den Ex-Präsidenten. „Alle politisch Verantwortlichen in der Ukraine müssen sich jetzt gegen die russische Aggression zusammenschließen. Es ist jetzt so wichtig, dies nicht aus den Augen zu verlieren und sich nicht durch polarisierende Innenpolitik davon ablenken zu lassen,“ so die Diplomatin am Montag.

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