Durchsuchungen bei Kunstkol­lek­tiv ZPS: Razzia nach AfD-Flyeraktion

Das „Zentrum für Politische Schönheit“ hatte kurz vor der Bundestagswahl die AfD reingelegt. Die Polizei hat nun Räume des Kollektivs durchsucht.

Ein Müllcontainer mit Flyern der AfD wird ausgeleert

Für die Tonne: Vor der Bundestagswahl hatte das ZPS die AfD mit einer Flyeraktion getäuscht Foto: Patrick Pleul/dpa

BERLIN taz | Im September 2021 gab das „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) bekannt, die AfD mit einer falschen Flyerfirma getäuscht zu haben. Jetzt hat es in Berlin wegen der Aktion Hausdurchsuchungen bei Künst­le­r*in­nen des Kollektivs gegeben. Das teilte das ZPS zuerst auf Twitter mit und sprach von einem „schwarzen Tag für die Kunstfreiheit in Deutschland“.

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Die Berliner Polizei bestätigte auf Anfrage der taz, dass am Donnerstagmorgen aufgrund eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses ein Atelier und eine Wohnung in Prenzlauer Berg von Er­mitt­le­r*in­nen des polizeilichen Staatsschutzes durchsucht wurden. Das sei aufgrund eines laufenden Verfahrens wegen „Fälschung beweiserheblicher Daten“ passiert. Bei den Durchsuchungen wurden nach Angaben der Polizei Beweismittel sichergestellt. Mehrere Datenträger wie Smartphones oder Computer sollen beschlagnahmt worden sein.

Im Vorlauf des Bundestagswahl soll der fiktive „Flyerservice Hahn“ von der extrem rechten Partei den Auftrag erhalten haben, mehrere Millionen AfD-Wahlkampfflyer für die Bundestagswahl unter die Wäh­le­r*in­nen zu bringen. Anstatt das Material zu verteilen, habe das ZPS die fünf Millionen Flyer von verschiedenen Kreisverbänden der Partei allerdings nur eingesammelt, um sie später zu entsorgen. Die Künst­le­r*in­nen sprachen von etwa 30 Tonnen Werbematerial, das sie bei einem Unternehmen für Aktenvernichtung geschreddert hätten. Die AfD kündigte damals eine Anzeige an.

Das ZPS kritisierte die Durchsuchungen auf Twitter und kommentierte mit Blick auf die Landesregierung aus SPD, Grünen und Linken: „Die erste Amtshandlung des neuen R2G-Senats in Berlin: Wohnungen von Künstlern durchsuchen.“ Das Vorgehen des LKA nennen die Künst­le­r*in­nen einen „politischen Skandal“. Für einen möglichen Rechtsstreit und die damit verbundenen Kosten hatte sich das Zentrum für politische Schönheit bereits mit einer Crowdfunding-Aktion gewappnet. Zahlreiche Menschen unterstützten die Künst­le­r*in­nen und die Aktion gegen die AfD mit einer Geldspende.

Nach Angaben des ZPS gab es keinen rechtsgültigen Vertrag mit der AfD. Auch hätte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des fiktiven „Flyerservice Hahn“ gestanden, dass „die Verteilung von ‚Propaganda und Falschaussagen‘ sowie Werbematerialien ‚politischer Parteien‘ ausdrücklich“ ausgeschlossen sei.

Das Zentrum für politische Schönheit beschreibt sich auf ihrer Homepage als „Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit“. In der abstrakten, poetischen Beschreibung liegt bereits eine der Charakteristiken der Arbeit des Kollektivs: Sie provozieren mit ihren Aussagen, kreieren sprachliche Widersprüche und wollen auch durch ihre Kommunikationsart Debatten anstoßen. Die handelnden Personen sind ein Zusammenschluss von Künstler*innen, die sich mit ihren Aufsehen erregenden Kunstaktionen insbesondere gegen die Verletzung von Menschenrechten engagieren.

Ihre Kunstaktionen kreiden politische Tatenlosigkeit an, etwa in der Politik für Geflüchtete und auch im Hinblick auf das Erstarken von Rechtspopulismus in Deutschland, etwa durch die AfD. So bauten die Künst­le­r*in­nen beispielsweise im November 2017 auf dem Nachbargrundstück des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke das Berliner Holocaust-Mahnmal nach, nachdem dieser es öffentlich als „Denkmal der Schande“ betitelt hatte.

Gegründet hat sich die Gruppe im Jahr 2009. Insgesamt sollen sich über 70 Personen zum Zentrum für politische Schönheit zusammengeschlossen haben. Das Kernteam besteht dabei aus einer Gruppe von etwa zehn Menschen. Zentrale Ak­teu­r*in­nen der Gruppe sind und waren der Politikwissenschaftler und Theaterregisseur Philipp Ruch, der Dramaturg André Leipold, die Schauspielerin Cesy Leonard und der Busunternehmer Stefan Pelzer.

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