Die Wahrheit: Das Beste in einer Hose vereint

Ein Blick in einen Katalog für Männerkleidung. Und beim Blättern fallen einem die Blüten der Werbung nur so entgegen.

Wir kommen nicht drumherum. Sie nicht, und ich nicht. In diesem Text wird viel Mist stehen. Das soll, zumindest aus meiner bescheidenen Sicht, nicht wieder passieren. Hier und jetzt muss es aber sein. Weil, ich kann nicht mehr. Nichts Schlimmes, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Es muss einfach raus aus mir, und Sie sind die Leidtragenden. Machen wir es darob so kurz wie nötig und so lang wie lustig.

In regelmäßigen Abständen erreicht mich Wurfpost aus dem Hause, zum Schutze des Unternehmens vermeiden wir Antischleichwerbung und nennen es schlicht und leicht verfremdet „Juni & Endlich“, mich erreicht also immer wieder ein vielfarbiger Modeprospekt jener Ankleidefirma. Gedacht ist er für „Liebe Männer“. Aktuell verschließt er sich zum Beispiel seinem Motto „Für Helden dieser Zeit. Savoir-vivre-Lederblouson“ so tunlichst wie bekloppt leider nicht. Blättern wir um.

„Liebe Männer“, heißt es dort aus dem „Team“ von Juni & Endlich, „für Waghalsiges braucht es Stuntmänner. Heute.“ Und gestern? „Früher leisten Schauspieler non-verbale und intellektuelle Kunststücke.“ Hallo, ist da noch jemand im Text-Oberstübchen? Heinz Rühmann zum Beispiel, alter Mime, können Sie mich hören? Mist, Rühmann antwortet nicht mehr, dabei hätte ihm gleich auf Prospektseite 2 die „In-petto-Hose“, nein, nicht, was Sie jetzt denken, also, die „In-petto-Hose“ hätte Heinz Rühmann als einstigen notorisch heiseren Grenzgänger zwischen Goebbels und Glamour sicher arg gefallen. Denn bei ihr „kann ihr Schneider de-/aktivieren. Eben eine piekfeine Hose.“ Dann doch lieber Petting.

Schön auch, dass die In-petto-Hose mit „Schurwolle aus IT“ gemacht ist, also von minder bezahlten Berliner Informatikern geklöppelt wird. Ach so, IT steht für Italien, scusi, Juni & Endlich! Dazu einen „Neuzeit-Pullunder“, der „alles hinter sich“ lässt, „wofür der Pullunder jemals gestanden hat“, also auch brutal und brüsk Hans-Dietrich Genscher selig in Zitronengelb. Wussten Sie übrigens, dass „seit dem 2. Juni 2016 in Genschers Geburtsstadt Halle (Saale) ein Bus der städtischen Verkehrsgesellschaft HAVAG mit der Bezeichnung ‚Hans-Dietrich Genscher‘ verkehrt?“.

Das steht allerdings nicht bei Juni & Endlich, sondern bei Wikipedia. „Zusätzlich ist ein Sitzplatz mit gelbem Polster überzogen; in Anlehnung an die gelben Pullunder, welche häufig von Genscher getragen und stark mit ihm assoziiert wurden“, Wikipedia-Zitat Ende. Darauf einen „Stahlbeton-Gürtel“ oder lieber gleich einen „Betongürtel“ samt „Ohne-Kompromisse-Weste“. Die „schont“, jetzt kommt’s, „Ihr Gewissen“.

Gut, denn „der höhere Strickkragen verleiht sportliche Blousonattitüde“ und man kann ihn auch „mehrstündig im Koffer lassen“. Besser so, sicherer! Im Koffer wird die „Blousonattitüde“ nicht entfesselt, und da gehört auch der „Pitbull-Hoodie“ in „braun“ hin, genau wie die „Blutsbande-Chino“. Ende der Durchsage: „Das Beste in einer Hose vereint!“

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Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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