Emilie Plachy über Andrea Nahles’neuen Job
: Zeichen an die SPD

Dass Andrea Nahles die neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit werden soll, zeigt erwartbare Reaktionen. Die einen sind gerührt ob der Rückkehr der altgedienten Genossin an verantwortungsvolle Stelle. Die anderen finden, da werde eine politische Verliererin mit einem gut dotierten Posten belohnt. Beides stimmt nur zum Teil.

Tatsächlich übernimmt mit Nahles eine ausgewiesene Fachfrau für Arbeitsmarktpolitik die Megabehörde. Nahles war von 2013 bis 2017 Bundesarbeitsministerin. Unter ihrer Führung wurde der mitregierenden Union der Mindestlohn abgerungen, die Rente mit 63 sowie eine höhere Erwerbsminderungsrente. Selbst Kri­ti­ke­r:in­nen mussten einräumen, dass sich da jemand voll reingekniet und – das vor allem – Ergebnisse erzielt hatte.

Die andere Seite der Andrea Nahles ist die als Genossin. Wie viele andere in der SPD war sie über Jahrzehnte ausschließlich dies: Funktionärin. Sie war laut, sie war dominant und manchmal peinlich. Dass sie vor zweieinhalb Jahren von jetzt auf gleich den Parteivorsitz, den Fraktionsvorsitz, das Parlament und Berlin verlassen hat, war ihrem Scheitern geschuldet. Die 15 Prozent bei der Europawahl 2019 waren lediglich der letzte Anlass.

Die Szene, wie sie – sich bei der Pförtnerin bedankend – das Willy-Brandt-Haus verließ, war zugleich hoch symbolisch. Da ging eine, die sich Jahrzehnte für ihre Partei krumm gemacht hatte, die immer wieder nach vorne geschickt worden war, wenn die Lage unübersichtlich wurde. Am Ende fand sich niemand, der sie wenigstens verabschiedet hätte. Sie übernahm Verantwortung, auch weil sie verstanden hatte, dass sie Teil des Problems war. Aber eben nur ein Teil.

Sie arbeitete als Behördenleiterin in Bonn und weigerte sich, schlecht über ihre Partei und einstige Weg­ge­fähr­t:in­nen zu sprechen. Grund dazu hätte sie gehabt. Dass Nahles jetzt Vorstandschefin der Bundesagentur für Arbeit wird, ist auch ein Zeichen an die Partei für einen neuen Umgang. Oder, um das Schlagwort des zurückliegenden Wahlkampfsommers zu bemühen: Respekt.

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