Ingrid Betancourt in Kolumbien: Sie tritt nochmal an

20 Jahre nach ihrer Entführung durch linksradikale Farc-Rebellen, will Betancourt nochmal als Präsidentin kandidieren. Ihre Themen sind unverändert.

Ingrid Betancourt hätl ein Mikrofon in der Hand und spricht lachend, sei trägt ein Kettchen mit Kreuz

Ingrid Betancourt bei der Ankündigung ihrer Kandidatur am Dienstag Foto: Luisa Gonzalez/reuters

Sie will es noch einmal versuchen. Der erste Anlauf von Ingrid Betancourt, Präsidentin von Kolumbien zu werden, endete mit ihrer Entführung durch die linke Farc-Guerilla. Das ist 20 Jahre her. Betancourt blieb sechseinhalb Jahre in Geiselgefangenschaft, bis sie 2008 in einer unblutigen Befreiungsaktion des Militärs ihre Freiheit wiedererlangte. Am Dienstag verkündete Betancourt in Bogotá ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr.

Wie damals vertritt Betancourt, die heute 60 Jahre alt ist, die Partei Verde Oxígeno, die kolumbianischen Grünen. Bei ihrem ersten Anlauf war die Franco-Kolumbianerin gerade zur Senatorin gewählt worden, nachdem sie sich zuvor als Abgeordnete gegen Korruption auf allen Ebenen eingesetzt und damit einen Namen gemacht hatte.

Nach ihrer Geiselgefangenschaft jedoch verließ Betancourt Kolumbien zunächst Richtung Frankreich. Sie schrieb ein Buch über ihre Hafterfahrung, unterstützte Organisationen, die sich für Terroropfer einsetzen, erhielt verschiedene internationale Preise und zog sich weitgehend aus der kolumbianischen Politik zurück. Dort erregte sie erst 2008 wieder Aufsehen, als sie den kolumbianischen Staat wegen ihrer Geiselhaft auf umgerechnet 6,5 Millionen Euro Schadensersatz verklagte, weil er sie als damalige Kandidatin nicht ausreichend geschützt habe.

Die Vorwahlen stehen in zwei Monaten an

Das kam in der Öffentlichkeit nicht gut an, war sie doch ausdrücklich vor der Wahlkampfreise in das damals von der Farc kontrollierte Gebiet gewarnt worden und hatte unterschrieben, die Fahrt auf eigene Gefahr anzutreten. Ab dem Augenblick ihrer Klage galt sie in der Öffentlichkeit vielen als undankbar und geldgierig.

Verstimmt war zunächst auch Juan Manuel Santos. Der war als Verteidigungsminister der konservativen Regierung Uribe für Betancourts Befreiung verantwortlich, handelte später als Präsident das Friedensabkommen mit der Farc aus und wurde dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Aber obwohl der konservative Santos und die grüne Politikerin Betancourt aus unterschiedlichen politischen Lagern stammen, unterhalten sie seither eine freundschaftliche Beziehung. Konservativen An­hän­ge­r*in­nen des früheren Präsidenten Alvaro Uribe gilt Santos als Verräter – und Betancourts Kandidatur als ein Schachzug Santos’.

Das dürfte allerdings Unsinn sein. Betancourt ist zunächst eine von mehreren Kandidat*innen, die sich darum bewerben, von der Coalición Centro Esperanza (Koalition Mitte Hoffnung) ins Rennen geschickt zu werden. In knapp zwei Monaten finden die Vorwahlen statt, Ende Mai die eigentliche Wahl – wenig Zeit für Betancourt, sich nach langer Abwesenheit eine neue An­hän­ge­r*in­nen­ba­sis aufzubauen.

Ihre Themen sind die gleichen geblieben: Sie will Kolumbien gerechter und ökologischer machen und gegen die Korruption kämpfen. Ob das reicht, um gegen den derzeitigen linken Favoriten Gustavo Petro und seine konservativen Gegenspieler irgendwelche Chancen zu haben, ist fraglich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.