Mali stoppt Bundeswehrflug: Berlin empört über Bamako

Malis Militärregierung legt sich mit Europa und der UN an. Nun verweigerte sie der Bundeswehr den Überflug ihres Staatsgebiets.

Deutsche Soldaten vor einem Flugzeug in Gao

Bundeswehrsoldaten unter einem Transporflugzeug in Gao, Mali Foto: Arne Immanuel Bänsch

BERLIN taz | Die Verärgerung in Berlin vereint Befürworter und Gegner des Mali-Einsatzes der Bundeswehr. Eine Maschine der deutschen Luftwaffe, die am Mittwoch routinemäßig 75 Soldaten aus Deutschland in Nigers Hauptstadt Niamey bringen sollte, durfte am Abend den malischen Luftraum nicht überfliegen.

Die Maschine drehte nach Gran Canaria ab, teilte die Luftwaffe mit. Am Flughafen Niamey befindet sich die logistische Basis des deutschen Kontingents der UN-Blauhelmmission in Mali (Minusma) für dessen Einsatz im ostmalischen Gao, mitten im Kriegsgebiet gegen islamistische Terrorgruppen.

Von einem „inakzeptablen Vorgang, ja einem unfreundlichen Akt“ sprach am Donnerstag die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Linken-Außenpolitikerin Sevim Dağdelen nannte den Mali-Einsatz insgesamt „schlicht skandalös und völlig inakzeptabel“.

Die Überflugverweigerung ist der neueste Akt einer Reihe von Störungen der internationalen Militäreinsätze in Mali durch Mali selbst. Am Dienstag teilte UN-Sprecher Stéphane Dujarric in New York mit, die Minusma habe alle Flüge in Mali ausgesetzt, nachdem die Regierung mehrmals Flugbewegungen untersagt habe.

Am Donnerstag teilte die Minusma mit, Luftoperationen würden jetzt nach „fruchtbaren Diskussionen“ wieder aufgenommen – aber Details bleiben offen, und die Episode zeigt, wie verwundbar die über 14.000 Soldaten und Polizisten umfassende UN-Mission ist, die in dem riesigen Land nur auf dem Luftweg zusammenzuhalten ist.

Luftaufklärung mit Drohnen, die wichtigste Aufgabe der deutschen UN-Soldaten in Gao, findet schon seit vergangener Woche nicht mehr statt. Momentan dürfen die deutschen Soldaten ihr Feldlager in Gao nicht verlassen. Ihre zweite zentrale Aufgabe sind medizinische Evakuierungsflüge.

Wechselseitige Strafmaßnahmen

Mit den Störaktionen reagieren Malis herrschende Militärs auf die scharfen Sanktionen inklusive Sperrung der Landes- und Luftgrenzen, die Westafrikas Regionalorganisation Ecowas (Westfrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) am 9. Januar gegen Mali verhängte. Für Malis Regierung erscheint es logisch, dass sich jetzt auch die ausländischen Soldaten in Mali nicht mehr frei bewegen sollen.

Foto: taz

Die Sanktionen waren eine Reaktion darauf, dass Malis Militärregierung eine Zusage aus dem Jahr 2020 aufgekündigt hatte, mit Wahlen im Februar 2022 die Macht an eine zivile Regierung zurückzugeben – ein „nationaler Dialog“ empfahl kürzlich eine Übergangsfrist von fünf Jahren bis zu Wahlen.

Für Malis internationale Partner ist ein Verbleib der Militärs an der Macht inakzeptabel. Frankreich führt seit neun Jahren mit mehreren tausend Soldaten einen Kampfeinsatz gegen islamistische Terrorgruppen in Mali. Aus Deutschland dienen aktuell 978 Soldaten in der UN-Mission Minusma, die Malis Regierung stabilisieren soll, und 299 Soldaten in der EU-Trainingsmission EUTM Mali, die Malis Armee ausbildet. Eine demokratische Regierung in Mali ist für all diese Einsätze die politische Voraussetzung.

In Mali stoßen die Sanktionen auf eine Welle patriotischer Empörung. Am vergangenen Wochenende demonstrierten Hunderttausende in der Hauptstadt Bamako. Sie werden von ihren südlichen Nachbarn abgeschnitten – aber für die ausländischen Truppen in Mali gelten diese Einschränkungen nicht.

Die Länder Westafrikas stellen die meisten Minusma-Blauhelme. Frankreich versorgt seine Truppen in Mali teilweise über seine Logistikbasis in Abidjan in der Elfenbeinküste; zugleich hängen für Mali bestimmte Importgüter am Hafen von Abidjan fest, wegen der Sanktionen.

Russen sind angeblich schon in Mali

Während des Überflugverbots für die Deutschen am Mittwochabend hielt Malis Präsident Oberst Assimi Goïta gerade seine Rede anlässlich des Tages der Streitkräfte, den das Land jedes Jahr am 20. Januar begeht. Goïta betonte die Einheit zwischen Armee und Volk und kündigte eine Revision der bestehenden Verteidigungsabkommen an – das geltende Abkommen mit Frankreich von 2013 gibt dem Militär der alten Kolonialmacht volle Bewegungsfreiheit in Mali.

„Zugleich sind neue Abkommen unterschrieben worden“, fügte Goïta hinzu. Klar war, was er damit meinte – die Stationierung russischer Söldner und Militärausbilder im Umkreis der privaten russischen Militärfirma Wagner im Gegenzug für Bergbaurechte an russische Firmen, über die seit Langem spekuliert wird.

Seit Wochen wird von Landungen russischer Militärmaschinen in Bamako berichtet. Am 5. Januar bestätigte Malis Regierung erstmals, dass 200 Russen in Timbuktu stehen. Russische Kämpfer sollen auch mit Malis Armee im Zentrum des Landes im Einsatz sein.

Ein Wagner-Deal gilt für Frankreich als rote Linie, deren Überschreiten ein Ende der Militärkooperation mit Mali zur Folge hätte – eventuell auch seitens Deutschlands und der EU. Möglicherweise bringt die Obstruktion aus Bamako jetzt Berlin dazu, diesen Schritt zu vollziehen.

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