Populismus in Frankreich: Kärcher-Reinigung

Frankreichs konservative Präsidentschaftskandidatin will mit dem Hochdruckreiniger durch die Banlieues. Der deutsche Hersteller gibt sich empört.

Portrait der französischen Politikerin Valerie Pécresse

Valerie Pecresse, Vorsitzende der konservativen Républicains

Valérie Pécresse wird nach den Wahlen vermutlich nicht in den Élysée einziehen. Die Vorsitzende der konservativen Républicains liegt in allen Umfragen abgeschlagen hinter Amtsinhaber Emmanuel Macron, der selbst in die konservative Mitte gerückt ist.

Eine Valérie Pécresse wird zudem rechts überholt von Marine Le Pen, die ihrerseits rechtsaußen von Éric Zemmour überholt wird.

Das ist in Frankreich die Lage. Und da kommt ein Familienunternehmen aus Baden-Württemberg ins Spiel. Denn Pécresse möchte gern, wie vor ihr schon der Parteikollege und damalige Innenminister Nicolas Sarkozy, „die Vorstädte mit dem Kärcher“ reinigen. Gemeint sind die tristen Banlieues von Paris, die wie eine Schlinge des schlechten Gewissens – oder auch der Bedrohung, je nach Standpunkt – um den Hals der Hauptstadt liegen.

Die Politikerin hat selbst eingeräumt, sie wolle das metaphorische Hochdruckreinigungsgerät „aus dem Keller holen“, in dem es Sarkozy hat liegen lassen – und das ist ihr Problem. Schon Sarkozy wollte 2005 die Gegend mit Hochdruck reinigen, nachdem ein elfjähriges Mädchen bei einer Schießerei verfeindeter Jugendbanden in den Vorstädten ums Leben gekommen war. Konkret abgesehen hatte er es auf „la racaille“, das Gesindel, das Pack, den Abschaum.

Kärcher bemüht sich um Distanz

Seitdem ist „karchériser“ oder die „karchérisation“ im Arsenal populistischer Kampfbegriffe angekommen. Es klingt markig, leicht bedrohlich nach deutscher Wertarbeit und ist in Frankreich geläufig – gerade im Süden werden der Staub und der Dreck der Städte traditionell mit Wasserdruck bereinigt.

Kärcher bemüht sich um Distanz von den menschenfeindlichen Aspekten, mit denen sein Name durch die Einwanderung ins Französische in Verbindung gebracht wird. Gleichzeitig wäre die Firma mit dem Klammerbeutel gepudert, würde sie nicht auch von der unverhofften Bekanntheit ihrer Marke zu profitieren versuchen. Dieser Versuch liest sich dann so, wie es in ganzseitigen Anzeigen heißt: „Kärcher will seinen Namen von der Politik reinigen“. Reinigen, compris? Zugleich beklagte sich Kärcher in einem offenen Brief, man sei „kein Fahnenträger irgendeiner politischen Partei“.

In Erinnerung bleiben soll die radikale Effizienz, die mit dem Dampfstrahlen einhergeht. In Vergessenheit geraten möge hingegen, was das beim Überschlag in den politischen Sprachgebrauch bedeutet. Dieses Doppelmanöver ist zum Scheitern verurteilt. Womit wir bei Valérie Pé­cresse wären, die ebenfalls scheitern wird. Weil die „karchérisation“ sich schon bei Sarkozy als untauglich erwiesen hat, die sozialen Probleme des Landes zu lösen.

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