Karlsruher Entscheid zu Atomtransporten: Symbolische Bedeutung

Karlsruhe stoppt den Bremer Alleingang gegen Atomtransporte. Das heißt aber mitnichten, dass progressive Gesetze zum Scheitern verurteilt sind.

Spaziergänger in der Nähe von Bremerhaven

Ein regionales Hafenverbot, etwa für Rüstungsexporte, ist mit der Karlsruher Entscheidung unmöglich Foto: Sina Schuldt/dpa

Vor zehn Jahren hatte das Land Bremen in seinem Hafen den Umschlag von Kernbrennstoffen verboten. Nun hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz kassiert. Nur der Bund sei für Gesetze zur Atomkraft zuständig.

Die Karlsruher Entscheidung erinnert an den Beschluss zum Berliner Mietendeckel aus dem April 2021. Auch damals bremste das Verfassungsgericht unter Verweis auf die Zuständigkeiten ein progressives Landesgesetz aus. Allerdings war der Berliner Mietendeckel ungleich wichtiger. Hundertausende profitierten. Für die meisten von ihnen führte die Karlsruher Zuständigkeitsklärung direkt zu höheren Mietkosten. Hier waren Trauer und Wut angebracht.

Dagegen hatte die Anti-Atomklausel im Bremer Hafengesetz eher symbolische Bedeutung. Die Klausel verhinderte weniger als eine Handvoll Atomtransporte pro Jahr. Und auch das nur in Bremen. Die Transporte liefen dann eben über andere Häfen.

Selbst die symbolische Bedeutung hatte sich zwischenzeitlich weitgehend überlebt. Als die Debatte um das Atom-Transportverbot begann, hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung gerade die AKW-Laufzeiten verlängert. Da wollte das rot-grün regierte Bremen dagegen halten. Doch dann kam 2011 Fukushima und der beschleunigte Atomausstieg. Heute sind noch drei AKW am Netz, auch sie sollen Ende diesen Jahres abgeschaltet werden.

Das Bremer Hafengesetz diente zuletzt eher als Blaupause für ähnliche Projekte. Wenn man einen Hafen für Kernbrennstoffe sperren kann, warum dann zum Beispiel nicht auch für Rüstungsexporte? Doch der Verweis auf das Bremer Vorbild („Seht her, es ist möglich“) geht jetzt nach hinten los. Auch ein regionales Hafenverbot für Rüstungsexporte ist mit der aktuellen Karlsruher Entscheidung unmöglich geworden.

Aber das ist natürlich nicht das Ende der Politik. Wenn progressive Landesgesetze nicht möglich sind, dann müssen eben progressive Bundesgesetze angestrebt werden. Und der Start der neuen Koalition hat gezeigt, dass fortschrittliche Anliegen hier nicht vor vornherein auf verlorenem Posten stehen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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