Kampagne gegen Antisemitismus: Antisemitismus ist kein Witz

Die Jüdische Gemeinde und die Berliner Innenverwaltung starten eine gemeinsame Kampagne. Ziel ist, das antisemitische Dunkelfeld zu erhellen.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bei der Vorstellung der Plakatkampagne Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl

BERLIN taz | Antisemitismus ist ein Problem, auch in Berlin: 522 Vorfälle hat die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin im ersten Halbjahr 2021 dokumentiert. 14,9 Prozent der Vorfälle hatten einen direkten Bezug zur Corona-Pandemie. Doch die Dunkelziffer ist vermutlich hoch: Laut Innensenatorin Iris Spranger (SPD) melden sich nur 10 Prozent der Betroffenen bei der städtischen Opferhilfe oder erstatten Anzeige. Um dieses Dunkelfeld zu erhellen, startet die Landeskommission gegen Gewalt nun eine Kampagne gegen Antisemitismus.

„Das ist Antisemitismus. Und kein Witz“, steht auf einem der vier Plakatmotive, die bald in ganz Berlin zu sehen sein werden. Sie sollen dabei helfen, antisemitische Vorfälle in ihren vielen Facetten als solche zu erkennen und zu melden – auch wenn sie noch nicht strafrechtlich relevant sind. Ein QR-Code leitet weiter auf eine Webseite der Senatsverwaltung für Inneres: Dort können Betroffene und Zeu­g*in­nen antisemitische Straftaten bei der Polizei anzeigen, die Registerstellen über Vorfälle informieren und sich an Beratungsstellen wenden. „In den allermeisten Fällen beginnt antisemitische Gewalt im Alltäglichen, in der Sprache“, so Spranger.

Sie hoffe auf Hinweise zu antisemitischen Vorfällen aus der Bevölkerung, sagt Spranger, um zielgerichtete Maßnahmen beschließen zu können. Finanziert wird die Kampagne aus einem Fonds zur Unterstützung von Betroffener politisch-extremistischer Gewalt, den noch die alte Landesregierung im Haushalt verankert hatte. 25 Großplakate sollen für 14 Tage im Innenstadtbereich hängen, außerdem wird es kleinere Plakate und digitale Aufrufe geben.

Aus der Anonymität holen

Auch die jüdische Gemeinde zu Berlin ist an der Kampagne beteiligt. Deren Beauftragter gegen Antisemitismus, Sigmount Königsberg, will vor allem Sensibilität für das Problem schaffen und die Tä­te­r*in­nen aus der Anonymität holen: „Wir alle haben mittlerweile Smartphones, mit denen wir antisemitische Vorfälle dokumentieren und melden können.“ Antisemitismus, so Königsberg, fange bei „Kleinigkeiten“ an: Wenn Jü­d*in­nen nicht als „richtige Deutsche“ anerkannt oder für die Entscheidungen der israelischen Regierung verantwortlich gemacht würden.

Neben Betroffenen von antisemitischer Gewalt richtet sich die Kampagne auch an Bürger*innen, die antisemitische Einstellungen in ihrem Umfeld beobachten und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Auch diejenigen, die bei sich selbst antisemitische Denkmuster erkennen und daran arbeiten möchten, sollen Unterstützung bekommen.

„Wir wollen Hilfe anbieten, statt zu verurteilen“, sagt Spranger. Ein entschiedenes Vorgehen kündigt die Senatorin aber gegen diejenigen an, die etwa die Anti-Corona-Proteste nutzten, um antisemitische Stereotype zu verbreiten.

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