orte des wissens
: The next big university thing

Die private Jacobs University in Bremen will kein staatliches Geld und dabei eine richtige Uni sein – sogar mit Sozialwissenschaften

eine richtige kleine Voll­universität sein: die private Jacobs University in Bremen Foto: WillFoto: Jan Zier

Ob es eher noch eine „Vision“, oder doch schon ein „Plan“ ist – darüber gehen die Meinungen an der Jacobs University in Bremen (JUB) noch auseinander.

Sicher ist, dass die Idee kühn ist. Denn in den letzten 20 Jahren hat sie noch nicht recht funktioniert: Die Privathochschule soll ganz ohne staatliches Geld auskommen, aber deswegen nicht gleich zu einer dieser Business oder Law Schools verkommen, an der hochpreisig angehende Ma­na­ge­r*in­nen und Ju­ris­t*in­nen ausgebildet werden. Sie soll forschen, und zwar auch in den Lebens- oder Sozialwissenschaften, die sich rein ökonomisch betrachtet nicht unmittelbar rechnen – also eigentlich eine richtige kleine Volluniversität sein.

Letzteres funktioniert, auch wenn das in der öffentlichen Debatte über die JUB oft etwas zu kurz kommt: In vielen internationalen Rankings schneiden Forschung wie Lehre hier oftmals sehr gut ab, verglichen mit auch renommierten staatlichen Universitäten. Im Oktober etwa schaffte die englischsprachige JUB es gleich mit mehreren Studienprogrammen der Sozialwissenschaften unter die besten 175 Unis der Welt, und auf Platz acht im deutschlandweiten Vergleich.

Danach kam der in Russland geborene und Singapur lebende Investor Serguei Beloussov und übernahm die JUB. Das kleine, erst 2019 von ihm in der Schweiz gegründete „Schaffhausen Institute of Technology“ (SIT) ist nun der neue Mehrheitsgesellschafter der Privatuni, 50 Millionen Euro hat Beloussov den Bremern versprochen. Der promovierte Computerwissenschaftler hat mit der IT-Sicherheitsfirma Acronis in den letzten 20 Jahren sehr viel Geld verdient, jetzt will der 50-Jährige die JUB rentabel machen.

Als das damals noch arg werftenkrisengeplagte Bremen am Ende des letzten Jahrtausends diese Uni gründete, träumte die örtliche Politik noch von Philantrop*innen, die 500 Millionen D-Mark stiften würden. Es kam dann aber nur einer, der eine nennenswerte Summe gab; nach ihm wurde die Uni hernach auch gleich benannt. Als die Jacobs Foundation nach 200 Millionen Euro aus der JUB ausstieg, drohte der das Ende.

Beloussov ist einer, der stets betont, dass hier alles „viel pragmatischer“ gemanagt werden müsse. Und der in der einstigen Wehrmachtskaserne im noch immer strukturschwachen Bremen-Nord Geld verdienen will. Deshalb sollen vor allem viel mehr Studierende kommen, die vor Ort, hybrid oder online unterrichtet werden. Wohnen könnten die, ganz in der Nähe, in einem ausrangierten Kreuzfahrtschiff, hat der Investor gerade überlegt. Außerdem soll es in der Forschung nun viel um Quantentechnologie gehen, um Computer, Software, Mathematik, Data Sciences und Maschinenintelligenz. Für Sozialwissenschaften soll trotzdem Platz sein.

Inzwischen ist Beloussov Aufsichtsratsvorsitzender an der JUB, die auch weiterhin erst mal so heißen soll. Als neuen Chef hat er Fabio Pammolli eingesetzt; der italienische Wirtschaftsprofessor ist ein Vertrauter Beloussovs, der schon an allerlei renommierten Unis lehrte.

Jüngst hat an der JUB die erste große, international besetzte Technologiekonferenz unter der neuen Leitung stattgefunden, ein Nobelpreisträger war auch da. „Die Quantentechnologie wird die Welt stärker verändern, als dies der Personal Computer und später das Internet getan haben“, sagte Beloussov da. Seine Uni hier in Bremen soll dann ganz vorn mit dabei sein. Jan Zier