Neue Polizeichefin in New York: Der Überraschungscoup

Die Schwarze Keechant Sewell wird die erste Frau an der Spitze der landesweit größten Polizeibehörde sein. Diese steckt gerade in der Krise.

Lächelnde Frau hinter einem Mikrofon

New Yorks neue Polizeichefin: Keechant Sewell Foto: ap

NEW YORK taz | Sie wird eine Frau sein und Schwarz. So hatte der künftige Bürgermeister Eric Adams, selbst ein ehemaliger Cop, schon vor Wochen seine Polizeichefin von New York angekündigt. Die Sicherheit in der City, wo Gewaltverbrechen im vergangenen Jahr in die Höhe gegangen sind, war sein wichtigstes Kampagnenthema.

Am Mittwoch stellte er Keechant Sewell der Öffentlichkeit vor. Die 49-jährige, die bislang in dem Vorstadtbezirk Nassau County gearbeitet hat, wird ab Januar die größte Polizeibehörde der USA leiten: 35.000 Leute in Uniform – davon 81 Prozent Männer – plus 18.000 Zivilisten.

Unter ihnen sind rebellische Beamte, die dem scheidenden Bürgermeister bei einer Rede aus Protest den Rücken zugedreht, die bei Black Lives Matter Protesten im vergangenen Jahr auf Demonstranten eingeprügelt und die Kritik mit der Verlangsamung ihrer Arbeit quittiert hatten. Heute weigern sie sich, eine Maske zu tragen.

In der 176-jährigen Geschichte des Amtes ist Keechant Sewell die erste Frau und die dritte Schwarze Person. Sie kam als Überraschung und ohne Seilschaften. Seit der künftige Bürgermeister seine Präferenzen angekündigt hatte, waren in New York die Namen von prominenten Polizistinnen „of color“ aus anderen Großstädten gehandelt worden – darunter die ehemalige Polizeichefin von Seattle Carmen Best, die gegenwärtige Polizeichefin von Philadelphia Danielle Outlaw sowie die Karrierepolizistin des New York City Police Department (NYPD) Juanita Holmes.

Selbstbewusstsein und Kompetenz

Bei ihrem Vorstellungsgespräch musste Keechant Sewell unter anderem eine Schein-Pressekonferenz nach tödlichen Schüssen eines weißen Polizisten auf einen schwarzen Mann absolvieren. Sie überzeugte ihren künftigen Boss durch „Selbstbewusstsein, Kompetenz, emotionale Intelligenz und Erfahrung“.

Er stellte sie am Mittwoch vor dem Hintergrund eines Straßen-Wandgemäldes vor, das radikale afroamerikanische Vorstreiter zeigt, die alle Konflikte mit der Polizei hatten. Darunter waren die BürgerrechtlerInnen Angela Davis und Malcolm X sowie die aus einem US-Gefängnis ins kubanische Exil geflohene Black Panther-Aktivistin Assata Shakur.

Die künftige Polizeichefin von New York hat in ihrer 25-jährigen Polizeikarriere in Nassau County unter anderem als Streifenpolizistin und in der Drogen- und Mordfahndung gearbeitet sowie Verhandlungen mit Geiselnehmern geführt. Ihren künftigen Job tritt sie in einer doppelten Krise der Behörde an.

Einerseits erwarten die Bewohner der Acht-Millionen-Stadt mehr Sicherheit vor Schusswaffengewalt, Mord, Raub und Vergewaltigungen. Andererseits verlangt ein Teil der Öffentlichkeit mehr Rechenschaft der Polizei in Fällen von Machtmissbrauch, Gewaltanwendung und Rassismus.

Brutale Einsätze

Im vergangenen Jahr, nach dem Polizeimord an George Floyd in Minneapolis, verlangten Demonstranten in der Stadt Haushaltskürzungen und radikale Reformen bei der Polizei, vereinzelt auch eine Auflösung der NYPD, auf deren Konto auch zahlreiche brutale Einsätze gehen.

Der angehende Bürgermeister hat andere Pläne. Er will zwar die Überstunden von Polizisten reduzieren und einzelne Aufgaben an Zivilisten auslagern. Aber er will zugleich eine unter dem Eindruck der Proteste abgeschaffte Polizeieinheit in Zivil wieder einführen. Bei ihrer Vorstellung versicherte die künftige Polizeichefin Keechant Sewell, dass es möglich sei, mehr Sicherheit in der City mit weniger gesetzeswidrigem Vorgehen von Polizisten zu verbinden.

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