Vereinigte Arabische Emirate: Kein islamisches Wochenende mehr

In den meisten islamischen Staaten ist Freitag Teil des Wochenendes. Die Emirate ändern dies nun – nicht ohne Widerspruch.

Männer schippern auf einem überdachten Boot auf einem Kanal

In den Vereinigten Arabischen Emiraten soll ab Januar Samstag und Sonntag Wochenende sein Foto: C. Ammering/imago-images

KAIRO taz | Wenn Sie diese Zeilen lesen, haben Sie hoffentlich ein angenehmes Wochenende – natürlich am Samstag und Sonntag. So steht es im Kalender und so ist auch grundsätzlich im Arbeitszeitgesetz festgelegt. Aber nicht überall auf der Welt gilt das gleiche Wochenende.

In den meisten islamischen Ländern gilt der Tag des Freitagsgebets als heiliger und damit arbeitsfreier Tag. Die arabischen Golfstaaten etwa haben Freitag und Samstag als offizielles Wochenende deklariert.

Doch nun scheren die Vereinigten Arabischen Emirate aus dieser islamischen Wochenendregelung aus und schließen sich anderen mehrheitlich muslimischen Ländern wie Marokko, Tunesien, Libanon, der Türkei oder Indonesien an. Seit dieser Woche ist amtlich, was in der Glitzer-Geschäftswelt zwischen Dubai und Abu Dhabi schon länger gemunkelt wurde: Ab 1. Januar 2022 haben Beamte auch in den Emiraten am Samstag und erstmals auch am Sonntag ihr freies Wochenende.

Am Freitag, dem heiligen Tag der Muslime, haben sie nur den halben Tag frei. Diesen zusätzlichen halben Tag müssen sie von Montag bis Donnerstag mit einer zusätzlichen Arbeitsstunde ausgleichen.

Kritik aus den Nachbarstaaten

Die Ankündigung wird in den Emiraten als Schritt in die weitere Modernisierung gefeiert. „Wir werden unser Standing auf den Kapitalmärkten und in den Finanz- und Bankensektoren damit verbessern. Das wird die bisherige Kluft schließen und damit die Finanzinstitutionen und Wirtschaftsunternehmen voranbringen, die in den Arabischen Emiraten operieren“, sagte Arbeitsminister Abdelrahman al-Awar in der arabischen Version des Fernsehsenders CNN überschwänglich.

„Das sind großartige Nachrichten“, glaubt auch Daniel Richards, Analyst der emiratischen Bank NDB. „Es wird vielleicht zu einigen Problemen mit den benachbarten Golfstaaten führen, aber es wird die Position der Arabischen Emirate in den globalen Netzwerken verbessern und es wird zu ihrer besseren Integration führen, wenn es darum geht, international Geschäfte zu machen“, erklärte er im saudischen Fernsehsender Asharq.

Für die rohstoffreichen Emirate ist die neue Regelung vielleicht auch der Versuch, sich besser für eine Zeit nach dem Erdöl und Erdgas zu rüsten.

Doch nicht alle sind zufrieden. In den autokratisch regierten Emiraten gibt es zwar keine Gegenstimmen. Es ist ungesund, den Emiren zu widersprechen. Aber in den benachbarten Golfstaaten werfen sich einige in die Bresche, um das eigene, das islamische Wochenende zu verteidigen und die Entscheidung der Emirate zu verurteilen.

„Der Freitag ist der Feiertag der Muslime. Wenn wir das aufgeben, was bleibt dann noch? Was repräsentiert uns noch als Muslime?“, fragte Abdel Aziz Al-Khazraj, ein Soziologe aus Katar, auf seinem Youtubekanal mit einer halben Million Followern.

„Ihr, vor allem in den Emiraten, werdet noch einmal daran denken, was ich jetzt sage. Die Teilnahme an den Freitagsgebeten wird zurückgehen. Manche werden sagen, ich muss erst meine Arbeit fertigmachen. Oder: Ich kann auch als Gruppe am Arbeitsplatz das Freitaggebet beten“, formuliert er seine Befürchtung.

„Warum müssen wir andere nachmachen?“

Auch andere sehen Schritt der Emirate als einen Niedergang des Islam und der eignen Kultur. Der kuwaitische Fernsehsender Ar-Ruya hat dazu Passanten in Kuwait-Stadt befragt: „Der Freitag, das ist für uns Muslime unser heiligster Tag. Es gibt keine Rechtfertigung, das Wochenende auf Samstag/Sonntag zu verlegen. Wir müssen den Freitag respektieren“, fordert einer vor laufender Kamera. Ein anderer Passant fragt: „Warum müssen wir andere nachmachen. Wie viel Muslime gibt es? Milliarden? Warum folgen sie nicht uns?“

Es ist am Ende der klassische Streit zwischen Globalisierung und der Bewahrung der eigenen kulturellen und religiösen Identität. Die Emirate haben sich dabei für Ersteres entschieden. Damit werden sie erneut ihrem Ruf als „Übermorgenland“ gerecht, auch wenn sie dabei ein Stück Morgenland aufgeben.

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