Australiens Howard vor dem Durchmarsch

John Howards rechte Regierung kontrolliert erstmals den Senat. Gewerkschafter und Bürgerrechtler sehen schwarz

SYDNEY taz ■ Die massiven Gewerkschaftsproteste, die Ende letzter Woche die Zentren australischer Städte lahm legten, sind ein böses Omen. Behalten die Gewerkschaften Recht, sind die Proteste nur die Ouvertüre zu einem Arbeitskonflikt, wie ihn das Land schon lange nicht mehr gesehen hat. „Wir kämpfen gegen die Tyrannei eines Einzelnen“, sagte ein demonstrierender Metallarbeiter in Sydney. Denn viele befürchten, dass in Australien die Demokratie gefährdet ist.

Seit dem 1. Juli kontrollieren erstmals seit Jahrzehnten die nationalliberalen Regierungsparteien nicht nur das Repräsentantenhaus, sondern auch den Senat. Bei den Wahlen im Oktober war es der Koalition aus liberaler und nationaler Partei gelungen, im Oberhaus – der Vertretung der Bundesstaaten – vier Sitze hinzuzugewinnen. Damit kontrolliert sie 40 der 76 Sitze, womit Premierminister John Howard in seinem zehnten Amtsjahr auf nationaler Ebene über ungewohnte Macht verfügt.

Schon deutet sich an, dass die Regierung in der neuen Amtsperiode die Anliegen durchbringen will, die bisher wegen ihres teilweise extremen Charakters am Widerstand des Senats gescheitert waren. Die schon vor Wochen vorgelegte Reform des Arbeitsgesetzes ist das wohl umstrittenste Beispiel. Selbst die wirtschaftsfreundliche Financial Review meinte, Howard löse damit im Arbeitsmarkt eine „Revolution“ aus. Der Vorstoß beinhaltet eine drastische Beschneidung von Arbeitnehmerrechten. So sollen Entlassungen künftig viel einfacher werden und die Gewerkschaften viele tarifvertragliche Rechte verlieren. Arbeitsmarktexperten gehen davon aus, dass dadurch die Beschäftigungssicherheit vor allem in den unteren Einkommensschichten stark abnimmt. Die Regierung dagegen setzt auf erhöhte Wettbewerbsfähigkeit.

Mit der Kontrolle des Senats wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass bisher befristete „Antiterror“-Maßnahmen dauerhaft Gesetz werden. Dabei beschneidet nach Meinung von Experten die dem Geheimdienst Asio übertragene Autorität schon heute die Bürgerrechte. Vergangene Woche stürmten Asio-Agenten die Häuser mehrerer islamischer Bürger. Es gab keine Festnahmen, vielmehr schien der Grund einzig zu sein, „potenzielle Terroristen“ darauf aufmerksam zu machen, „dass sie beobachtet werden“, wie es der Anwalt eines Betroffenen sagte. Mehr darf er nicht sagen: Wer über Asio-Aktionen spricht, dem drohen fünf Jahre Haft, was auch für Journalisten gilt.

Senatsabgeordnete haben das Recht und die Pflicht, nicht einfach ihrer Partei zu folgen, sondern sich in erster Linie für die Interessen der Bürger ihrer Bundesstaaten einzusetzen. Barnaby Joyce, einer der neuen konservativen Abgeordneten, signalisierte auch bereits, nicht einfach jeder Vorlage der Regierung „blind zustimmen zu wollen“. Die Erfahrungen zeigen aber, dass Howard Dissidenten ausgrenzt.

Auf den neuen Abgeordneten lastet auch insofern die Zukunft der Nation, da die Labourpartei nur noch dem Namen nach die Opposition ist. Seit der dramatischen Wahlniederlage leidet Labor noch stärker unter Richtungslosigkeit als zuvor. Einzelne Kommentatoren glauben gar, Labor vertrete nicht mehr die Arbeiter und sei langfristig dem Untergang geweiht.

URS WÄLTERLIN