Märkisches Landbrot wird Stiftung: Backen und Sinn stiften

Das Unternehmen Märkisches Landbrot ist jetzt eine Stiftung, Gewinne werden nicht mehr privatisiert. Ist das ein Vorbild für andere?

Zwei Bäcker sortieren frisch gebackenes Landbrot

Frisch gebackenes Brot der Biobäckerei Märkisches Landbrot Foto: Jochen Eckel/imago

Der Bäcker Joachim Weckmann hat in diesem Jahr sein Unternehmen verschenkt. Die Demeter-Brotbäckerei Märkisches Landbrot ist seither eine gemeinnützige Stiftung. Künftig kann das Unternehmen weder verkauft noch vererbt werden – es gehört „sich selbst“, so Weckmann. Gewinne werden nicht mehr privatisiert, sondern gehen für gemeinnützige Zwecke an die Stiftung oder verbleiben im Betrieb.

Dabei gilt die Rechtsform „Stiftung“ unter Wirtschaftsjuristen als überaus kompliziert. Sie sei für Klein- und Mittelständler, die vom sogenannten Verantwortungseigentum träumen, daher wenig geeignet. „Verantwortungseigentum scheitert oft an rechtlichen Hürden“, so Anne Sanders, Professorin an der Universität Bielefeld.

„Diese Einschätzung ist meiner Erfahrung nach durchaus zutreffend“, so der frühere Unternehmer Weckmann. Man müsse sich mit vielen rechtlichen Details auseinandersetzen. Seine „lange Reise“ dauerte vier Jahre. Unterstützung gab es von der GLS Treuhand Stiftung und der internationalen Purpose Stiftung.

„Unternehmen in Verantwortungseigentum“ haben in Deutschland durchaus Tradition. Eigentümer haben in ihnen Teilhaberechte, aber sind nicht am Gewinn beteiligt. Damit soll sichergestellt werden, dass Gesellschaften allein ihrem wirtschaftlichem Zweck dienen, nicht dem Gewinnstreben der Anteilseigner. Von großen Unternehmen wie Bosch und Zeiss wird dies ebenso vorgelebt wie von mittelständischen Unternehmen wie Alnatura, oder von Neugründungen wie der Internetsuchmaschine Ecosia.

Eigene Rechtsform gefordert

Es sind verschiedene rechtliche Konstruktionen möglich, so Anne Sanders, aber alle gelten heute als unpraktisch und manche nur bedingt als zielführend. Das will seit November 2019 eine „Stiftung Verantwortungseigentum“ um den jungen Firmengründer Armin Steuernagel ändern. Sie fordert eine eigene Rechtsform für Firmen, die nicht zum profitablen Nutzen der Eigentümer geführt werden.

Anne Sanders und Mitstreiter wie der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, legten einen entsprechenden Gesetzentwurf für eine „Gesellschaft mbH mit gebundenem Vermögen“ vor. Anders als bei einer Stiftung soll das Vermögen nicht „eingemauert“ werden: Die jeweiligen „Verantwortungseigentümer“ können den Firmenzweck ändern, Vermögen spenden oder sogar das Unternehmen auflösen. Hoffnungen der Initiatoren ruhen nun auf der neuen Bundesregierung.

Der Umwelt etwas zurückgeben

Allerdings haben Bundestag und Bundesrat Ende Juni bereits das Stiftungsrecht modernisiert. In Kraft treten werden die neuen Regelungen am 1. Juli 2023. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen begrüßte das neue Gesetz, sieht jedoch Bedarf für weitere Reformschritte.

Für Weckmann wäre die GmbH „mit gebundenem Vermögen“ wohl ebenso unattraktiv wie eine Genossenschaftsgründung. Seine Stiftung stellt sicher, dass das Unternehmen unverkäuflich und selbstständig bleibt und Gewinne dem Unternehmenszweck dienen und nicht privaten Gewinnen. Ähnlich funktionieren zwar auch Genossenschaften, aber die Genossenschaftsanteile können jederzeit verkauft und Gewinne „privatnützig“ ausgeschüttet werden. „Beides wollte ich auf keinen Fall.“ Das Märkische Landbrot wolle mit seiner gemeinnützigen Tätigkeit der Umwelt und der Gesellschaft etwas zurückgeben.

Prozess in sechs Monaten abgeschlossen

Märkisches Landbrot wurde 1930 in Berlin-Neukölln gegründet. 1981 übernahm Joachim Weckmann und stellte die Bäckerei auf ökologische Herstellung um. Heute beliefert sie nach Firmenangaben rund 330 Verkaufsstellen, vom Supermarkt bis zum inhabergeführten Bioladen. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr 9 Millionen Euro.

Am Ende ging es dann doch recht schnell, so Bäcker Weckmann. „Nachdem wir uns einmal für die Umsetzung von Verantwortungseigentum mithilfe einer gemeinnützigen Stiftung entschieden haben, war der Prozess innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen.“ Er kenne allerdings Fälle, bei denen es weit länger dauerte. Die Stiftung steht nun vor ihrer Konstituierung. „Mir war wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitbestimmen können.“

Dazu gehört ein Betriebsrat, dazu gehören auch ökologisch wirtschaftende Zulieferer. „Entscheidungen sollen nach demokratischen Prinzipien geführt werden“, so Weckmann. Der 68-jährige Pionier bleibt für drei Jahre als Vorstand aktiv, um den Übergang in die nächste Generation zu regeln.

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