Gericht ebnet Weg für Auslieferung

Ein herber Rückschlag für den Wikileaks-Gründer Julian Assange: Ein Londoner Gericht hebt das Auslieferungsverbot an die USA auf

Ein gravierender Justizirrtum – so bezeichnet Assanges Verlobte Stella Moris das Urteil Foto: Frank Augstein/ap

Aus London Daniel Zylbersztajn-Lewandowski

Wikileaks-Gründer Julian Assange droht nun doch die Auslieferung an die USA: Das Berufungsgericht in London hat das Auslieferungsverbot für Assange aufgehoben. Damit ist ein voriges Urteil der Richterin Vanessa Baraitser hinfällig. Sie hatte befunden, dass Assange aufgrund seines psychischen Zustands bei strikten US-Haftbedingungen mit Isolation unter Suizidrisiko stünde – insbesondere, wenn er sich sogenannten administrativen Sonderbehandlungen unterziehen müsse. Zu diesen gehört, dass der Kontakt von Gefangenen selbst zu rechtlichen Ver­tre­te­r:in­nen mitangehört werden kann.

Am Freitag jedoch hieß es im Urteil des britischen Hochgerichts Royal Court of Jus­tice, Assanges Suizidrisiko sei durch die Zusicherungen der Vereinigten Staaten ausgeschlossen. Die US-Behörden hatten dem Vereinigten Königreich nach dem vorherigen Urteil diplomatische Zusicherungen gemacht, dass Assange nicht solchen Maßnahmen ausgesetzt würde, und dieser zudem sein Strafmaß nach erfolgreicher Verurteilung in Australien absitzen dürfe.

Man sei sich in der Folge sicher, dass die Richterin anders entschieden hätte, wären ihr damals schon diese Zusicherungen gemacht worden, verkündete Hochrichter Ian Duncan Burnett: „Diese Feststellung ist ausreichend, um diese Berufung als erfolgreich im Namen der USA auszusprechen.“ Eine sofortige Auslieferung As­sanges wird es jedoch nicht geben. Der Fall geht zunächst an das untere Gericht zurück und unterliegt dort weiteren Prüfungen sowie medizinischen Gutachten. Danach geht der Antrag an den britischen Innenminister Sajid Javid. Assanges Verteidigung hat die Möglichkeit, den Fall weiter ans höchste britische Gericht zu tragen.

Für Assanges Un­ter­stüt­ze­r:in­nen war das Urteil eine große Enttäuschung: Assanges Verlobte Stella Moris bezeichnete es als gravierenden Justizirrtum und kündigte an, in Berufung zu gehen. Craig Murray, ein britischer Ex-Diplomat und Assange-Unterstützer, bezeichnete das Urteil dennoch als teilweisen Sieg – weil die beiden Richter des Hochgerichts im Grunde zugaben, dass die Richterin der ersten Instanz Recht hatte, Assanges Auslieferung nicht zuzustimmen.

Lediglich die neuen Zusicherungen seien die Basis des Urteils in dieser Instanz. Und diese Zusicherungen kämen vom selben Staat, dessen Kriegsverbrechen Assange publik machte und der solche Zusicherungen in der Vergangenheit gebrochen habe, so Murray. Die Richter aber hatten in ihrer Begründung angegeben, dass es keine Gründe gebe, weshalb das Gericht die Garantien der USA nicht akzeptieren sollte.

Dem 50-jährigen Assange drohen in den USA bei einer Verurteilung zu insgesamt 18 Delikten mit Bezug auf Zugang und Veröffentlichung von Geheimakten des US-Militärs über die Einsätze im Irak und in Afghanistan bis zu 175 Jahre Gefängnisstrafe. Die USA werfen ihm vor, dass er durch ungeschwärzte Leaks das Leben von US-Kontakten gefährdet habe.