IOC-Präsident spricht mit Peng Shuai: „Bei Missbrauch sind wir alarmiert“

Was hat IOC-Chef Thomas Bach mit der Tennisspielerin Peng Shuai, deren Sicherheitslage in China unklar ist, besprochen? Die taz klärt auf.

IOC-Chef Thomas Bach sitzt in sonnendurchflutetem Raum vor einem TV-Bildschirm, auf dem ihm Peng Shuai zugeschalttet ist

Thomas Bach im Gespräch mit Peng Shuai, hinter der sich ein Berg aus Plüschtieren auftürmt Foto: Greg Martin/IOC

IOC-Präsident Thomas Bach hat am 21. November in einer Videoschalte mit Peng Shuai gesprochen. Die 36-jährige chinesische Tennisspielerin war zuvor wie vom Erdboden verschluckt, nachdem sie dem ehemaligen Vizepremier Zhang Gaoli vorgeworfen hatte, sie vergewaltigt zu haben. Aus dem Gespräch teilte Bach im Wesentlichen lediglich mit, dass es Peng Shuai gut gehe. Hier nun der Mitschnitt, welcher der taz zugespielt wurde:

Thomas Bach: Frau Peng Shuai, es freut mich, ähm, Sie in so entspannter Atmosphäre lächeln zu sehen. Nur noch 74 Tage sind es, ähm, bis zur Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Peking. Die Vorfreude muss auch bei Ihnen riesig sein angesichts der immensen Bedeutung, die diese Spiele für Ihr Land haben und, ähm, angesichts auch der immensen Anstrengungen, die Ihr Land unternommen hat, um der Welt möglichst störungsfreie Sportfestspiele zu bieten.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Peng Shuai: Ja, also …

Olympische Spiele, Sie durften dieses Glück ja, ähm, auch schon dreimal erleben, sind in erster Linie für die Athletinnen und Athleten da. Sie füllen die olympische Idee erst mit einer Seele aus. Und deshalb ist es mir auch so wichtig, ähm, mich mit Ihnen auszutauschen. Die olympische Familie war in großer Sorge um Sie, weil wir lange von Ihnen nichts mehr gehört haben. Und auch Ihre Äußerungen zu diesen, ähm, persönlichen Ereignissen, haben uns bekümmert, auch wenn sie natürlich, ähm, mit dem Sport erst einmal nichts zu tun haben.

Danke, ich …

Lassen Sie mich unbedingt noch erwähnen, dass, ähm, Ihr Schicksal gerade den chinesischen Teil unserer olympischen Familie besonders besorgt. Deshalb hat sich ja auch Li Lingwei, die nun schon fast zehn Jahre ein, ähm, geschätztes Mitglied des IOC ist und ebenso im chinesischen Parlament, dem nationalen Volkskongress, als langjähriges Mitglied großen Respekt genießt, so für dieses Gespräch eingesetzt und, ähm, darauf bestanden, zugeschaltet zu werden. Der Sport verbindet uns alle miteinander unabhängig von unserer Hautfarbe, Religion oder Stellung, die wir in unserer Gesellschaft einnehmen. Wir, ähm, im IOC haben für die Anliegen, ähm, der Athletinnen und Athleten stets ein offenes Ohr und wollen vor allem erst einmal zuhören. Sie haben ja, ähm, recht offen etwas angedeutet…

Dazu möchte ich …

Nur einen Moment bitte noch, um, ähm, Ihnen unmissverständlich eines zu versichern. Bei Missbrauch gehen bei uns im IOC immer die Alarmglocken an. Die Gestraften und Ohnmächtigen sind doch stets die Athletinnen und Athleten. Hier geht es, ähm, um ihren Schutz, der auch für uns an erster Stelle steht. Sie können sich sicher sein, dass wir gegen den, ähm, wachsenden Missbrauch des Sports für politische Zwecke entschieden vorgehen werden.

Aber …

Für uns, ähm, gibt es an dieser Stelle kein „Aber“. Es gibt sehr viele gute Dinge auf der Welt, für die man sich mit Fug und Recht einsetzen kann, die aber, ähm, nicht unbedingt von allen als gut angesehen werden. Unsere olympische Familie darf sich da, ähm, nicht auseinanderdividieren lassen. Da kann ich im Übrigen auch für Li Lingwei sprechen, die, ähm, wie ich gerade sehe, unser Gespräch sehr aufmerksam verfolgt. Sie hat mir schon im Vorfeld unseres Gesprächs versichert, dass es Ihnen, ähm, sehr gut geht, Sie in Ihrem privaten Umfeld sehr glücklich sind und Ihr Haus deshalb eigentlich auch gar nicht mehr verlassen wollen. Wenn ich Sie so auf dem Bildschirm sehe mit, ähm, all ihren Freunden im Hintergrund, scheinen Sie ja wirklich alles zu haben, was Sie brauchen.

Bitte ….

Li Lingwei hat mir bereits gesagt, worum Sie bitten möchten. Die internationale Sportfamilie wird selbstverständlich Ihre Privatsphäre respektieren. Dafür werde ich mich mit all meiner Kraft einsetzen. Ich bin ein großer Freund des stillen Dialogs, ähm, nein, ähm, der stillen Diplomatie. Ich weiß, wie Sie, ähm, sich fühlen. Die olympische Erfahrung macht uns alle sehr demütig, weil wir das Gefühl haben, Teil von etwas Größerem, ähm, als uns selbst zu sein.

Ich möchte …

Gestatten Sie mir zum Ende unseres Gesprächs, das mir wirklich sehr nahe gegangen ist, selbst, ähm, etwas zu wünschen. Es würde mich glücklich machen, wenn wir uns im Januar, wenn die Aufmerksamkeit der Welt noch mehr, ähm, auf die Olympischen Spiele gerichtet sein wird, persönlich treffen könnten, um einmal mehr, ähm, die Magie des Sports entstehen zu lassen. Selbst in dunklen Zeiten lässt die olympische Flamme alles hell erleuchten. Lassen Sie uns diese Botschaft in die Welt senden, die, ähm, stärker ist als all unsere persönlichen Botschaften. Dennoch möchte ich mich für Ihr überwältigendes Vertrauen bedanken, sich dem IOC, ähm, mit Ihren Problemen auf diesem nicht einfachen Kommunikationsweg so anvertraut zu haben. Wir bleiben auf jeden Fall im Gespräch.

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